Dieter Groffig

* 1933

  • „Und die 'Kommunisten' dort in Berschowitz, die haben die Macht übernommen. Sie haben dort gestanden und gewartet. Jetzt sind ja sehr viele deutsche Soldaten auf der Flucht gewesen und wollten irgendwie durch das Dorf durch. Und dann haben die Tschechen in leichten gelben Uniformen, also 'Kommunisten', sie haben dann diese ganzen deutschen Soldaten, die durch das Dorf wollten, erschossen. Das haben wir gesehen. Und meine Mutter war mit sechs Kindern da und dann noch eine Frau mit drei Kindern. Wir beiden Familien waren von Slaný dahin gebracht worden, nach Berschowitz. Und sie mussten jetzt dort, meine Mutter und die andere Frau, Gräber ausschaufeln, den ganzen Tag. Aber sie konnten ja gar nicht so viel ausgraben, wie viele Tote es gab und dann hat man mehrere Soldaten in ein Grab reingebracht. Ich weiß allerdings nicht mehr, ob diese Gräber auf dem Friedhof in Berschowitz oder wo anders ausgegraben wurden, das entzieht sich meiner Kenntnis, weiß ich nicht mehr genau.“

  • „Irgendwann mussten wir aus dem Zug raus und da waren überall Züge. Die Brücken waren gesprengt und man musste immer wieder warten, auf der anderen Seite, wenn ein neuer Zug kam, wo man wieder mitfahren konnte. Und da wurden die Frauen vergewaltigt. Meine Schwester, die war fünfzehn Jahre alt, die wurde da auch von einem Russen vergewaltigt. Meine Mutter hat sich davorgestellt, wollte das verhindern und der Russe wollte dann meine Mutter erschießen. Dann hat sie halt nachgegeben. Und dann wurde meine fünfzehnjährige Schwester vergewaltigt.“

  • „In Reichenbach, dort waren auch, als die Russen hereinkamen, in allen Luftschutzkellern aus dem Krieg die Koffer mit Material drinnen. Die Koffer waren alle zugeschlossen und die meisten Leute sind ja gar nicht zurückgekommen, die Koffre standen da alleine. Als die Russen gekommen sind, sind sie natürlich erst in diese Keller rein und haben die Koffer aufgebrochen und sich das Beste aus den Waren herausgenommen. Die Keller waren alle voll Klamotten aus den Koffern. Und das Wichtigste war – die Russen, wenn sie einen Keller verlassen haben, habe sie überall die Wasserhähne aufgedreht und haben die Keller voll Wasser laufen lassen. In der ganzen Stadt wurden die Keller unter Wasser gestellt, weil die Russen hatten Angst, dass sich dort eventuell noch deutsche Soldaten oder sogenannte Partisanen verstecken könnten, die dann gegen die Russen vorgingen. Deswegen hatten sie die Keller alle unter Wasser gestellt. Und da wir als Deutsche nichts mehr zum Essen hatten, bin ich dann immer in diese Keller eingetaucht, als zwölfjähriger Junge, habe schnell tief Luft geholt, habe die ganze Klamotten, die dort lagen, genommen, und habe sie dann herausgebracht. Es war sehr warm, Mai oder Juni 1945, sehr heiß. Da habe ich die ganzen Klamotten alle getrocknet. Und die haben wir dann zu einem Juden gebracht. Ich habe schon gesagt, die Juden hatten alle kleine Geschäfte errichtet. Und ein Jude hat dann die ganzen Klamotten sortiert und die besten Klamotten verkauft.“

  • „Wir haben anderthalb Jahren unter den Polen gewohnt und eines Tages sind dann die Polen gekommen und haben uns aus unseren Häusern herausgeholt. Wir durften zehn Kilo Handgepäck mitnehmen. Unsere Häuser hat man versiegelt, ein Siegel draufgemacht. Die Polen hatten dann Hunde und Gewehre und haben uns zusammen auf den Bahnhof gebracht, mit den Hunden. Auf den Bahnhof hat man Güterwagen hingebracht. Da waren Schweine transportiert worden, früher. Da war ungefähr dreißig Zentimeter hoch Schweinemist drinnen. Und unten tropfte es immer aus diesen Wagons raus, von dem Schweinemist. Und jetzt sollten wir immer 35 Deutsche, wir wurden genau aufgeteilt, in einen Viehwagon rein. Nun hatten wir aber das Glück. Da war eine große Kohlenhandlung, der Mann hieß Otto, Kohlen-Otto genannt, das war ein Millionär. Er hatte eigenen Gleiseinschluss, Bulldogge, Pferdewagen und alles Mögliche. Und der Kohlen-Otto, der musste die Polen in sein Handwerk einweisen, wie sie das Kohlengeschäft weiter betreiben sollten. Und als die Polen eingewiesen waren in dieses Geschäft, dann wurde der Kohlen-Otto mit in einen Wagon reingetan, in den auch wir rein mussten. Und das gute war, dass der Kohlen-Otto natürlich noch Werkleute hatte, die den ganzen Mist aus dem Wagon reingemacht haben. Es hat ein paar Stunden gedauert.“

  • „Ich bin da immer nach Berlin gefahren, ich habe mir extra ein blaues Hemd angezogen, so wie es die FDJ an hatte. Und eine rote Krawatte, wie die FDJ. Und dann habe ich in West-Berlin die Literatur, Zeitschriften geholt und habe sie versteckt, um das Bein gewickelt. Und hinten am Rücken. In jedem Zug war ja ständig Kontrolle. Und wenn die Polizisten reinkamen, dann habe ich mich immer so aufgestellt, dass ich mit dem Rücken zur Wand war, sie konnten mich also nicht anfassen. Sie wollten natürlich einen Ausweis von mir, den habe ich gezeigt. Und dann wollten sie mein Gepäck. Ich sagte: 'Da ist meine Tasche! ' Man durfte sich ja auch nicht auf die Bank setzten, sonst haben sie gegen die Beine geschlagen und wollten gucken, ob unter dem Sitz etwas ist. Und dann hätten sie gefühlt, dass da etwas Hartes ist, nicht nur Fleisch. Und wenn das der Fall war, dann war man erledigt, dann hatten sie einen mitgenommen in Extra-Abteil und dann kam man nicht mehr nach Hause. Also habe ich immer gestanden, dass sie mich nicht kontrollieren konnten. Und dann haben sie meine Tasche aufgemacht und da hatte ich so ein dickes Buch drinnen. Auf dem Buch stand 'Die junge Garde'. Das war ein sowjetisches Buch. Dann haben sie das Buch aufgemacht und da stand drinnen eine Widmung. 'Herren Dieter Groffig für seine guten Leistungen bei der Gesellenprüfung. ' Dann haben sie sich natürlich bedankt, erstmal das blaue Hemd, dann diese Widmung. Und so bin ich immer durchgekommen, ich bin nie erwischt worden.“

  • Full recordings
  • 1

    Dresden, 17.06.2021

    (audio)
    duration: 01:59:53
    media recorded in project Inconvenient Mobility
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Války jsou dílo ďáblovo

Dieter Groffig - foto z vazby 1953
Dieter Groffig - foto z vazby 1953
photo: pamětník

Dieter Groffig se narodil 2. září 1933 ve slezském městě Reichenbach, které se dnes nachází na území Polska a po válce bylo přejmenováno na Dzerzionów. Jeho otec sloužil ve wehrmachtu a padl roku 1944 v Litvě. Když v únoru roku 1945 postoupila Rudá armáda až ke slezské Vratislavi, byly ženy a děti z Reichenbachu evakuovány do Jihlavy a po třech měsících přesunuty do Slaného. Konec války zastihl rodinu v Beřovicích u Slaného, kde byli svědky poprav německých vojáků a matka jim musela kopat hroby. Při cestě vlakem směrem zpět do Slezska znásilnili sovětští vojáci Dieterovu patnáctiletou sestru. V Reichenbachu strávili Groffigovi v naprosté bídě ještě rok a půl, město již bylo pod polskou správou. Na podzim roku 1946 byli Groffigovi v doprovodu polských ozbrojenců vysídleni, s deseti kilogramy majetku na osobu dorazili v dobytčím vlaku do sovětské okupační zóny Německa. Po pobytech ve vyhnaneckých táborech se ubytovali ve stáji ve městě Riesa, kde žili až do roku 1953. Pod vlivem válečných událostí se matka s dětmi rozhodla přestoupit na víru Svědků Jehovových. Ta byla v komunistickém východním Německu od roku 1950 zakázána. Dieter opakovaně pašoval náboženské tiskoviny ze Západního Berlína, až byl roku 1953 na udání zatčen a odsouzen. Ve východoněmeckých kriminálech strávil sedm a půl roku, propuštěn byl na amnestii na sklonku roku 1960. Pár měsíců poté, těsně před stavbou Berlínské zdi, emigroval přes Západní Berlín do spolkové republiky, kde žije dodnes.