Björn Grunert

* 1948

  • „Das ist etwas, womit ich mich auch ab und zu beschäftige, ob er gewusst hat, auf was er sich in dieser Zeit eingelassen hat. Ich habe versucht, darüber nachzudenken, ob er sich bewusst war, welche Folgen das Ganze gehabt haben könnte, zu der Zeit. Und ich habe mir auch oft die Frage gestellt, wie hätte ich mich in dieser Situation verhalten. Dazu gehört viel Mut, muss ich mal sagen. Er war in dem besten Alter, so um die Dreißig, sicherlich gehört das auch dazu, je älter man ist, desto mehr denkt man über gewisse Folgen nach. Also ich bin, von der Sache her, eigentlich stolz, dass sich meine Familie so verhalten hat.“

  • „Was mich sehr berührt hat ist, dass er, als meine Mutter im Krankenhaus lag, gekommen ist. Er hat sich verabschiedet. Das ist schon etwas. Und als ich in Krankenhaus war, ich hatte eine schwere Herzoperation in Cottbus, da hat er in Krankenhaus angerufen. Die Schwestern waren erstaunt, dass ich einen Anruf kriege aus Kalifornien. Das ist etwas, was mich sehr beeindruckt hat. Und es ist ja nicht hier um die Ecke! Aber es war ihm ein Bedürfnis, sich von meiner Mutter zu verabschieden.“

  • „Es war so, dass wir damals in diesem Haus, was mein Großvater gebaut hat, mitgewohnt haben. Und wenn mein Vater hier aus dieser Schneiderstube nach Hause gehen wollte, war hier hinten ein Türchen. Und im Graben lag alles voll von Polizei. Da musste sich mein Vater anmelden, dass er die Paar Meter bis zu anderem Haus gehen konnte. Und ich kann mich noch gut erinnern, dass über die Straße, wo jetzt alles bewachsen ist mit Sträuchern und Bäumen, das wurde damals alles bewirtschaftet. Und in diesem Herbst waren da Kartoffeln geerntet worden, das Kartoffelkraut haben die Leute auf Haufen geworfen. Und jeder Haufen wurde umgedreht von der Polizei. Das sind so Dinge, an die ich mich erinnern kann.“

  • Full recordings
  • 1

    Waldow - exteriér, 18.10.2021

    (video)
    duration: 04:35
    media recorded in project Stories of the 20th Century TV
  • 2

    Waldow-Brand, Německo, 18.10.2021

    (audio)
    duration: 01:44:51
    media recorded in project Stories of the 20th Century TV
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Joe Mašín ist ein feiner Kerl. Ich bin froh, dass ihm mein Vater geholfen hat.

Bjoern Grunert, Waldow, 2021
Bjoern Grunert, Waldow, 2021
photo: natáčení

Björn Grunert wurde 1948 in der Ortschaft Waldow, im östlichen Teile Deutschlands, geboren. Hier lebt es bis heute. Wo er heute wohnt, stand damals eine Scheune. Wo sein Schlafzimmer ist, wurde damals Heu gelagert. Hier versteckten sich 1953 Gebrüder Mašín und Milan Paumer auf ihrer abenteuerlichen Flucht durch die DDR Richtung Westen. Björn war als Vierjähriger dabei, obwohl seine direkten Erinnerungen an diese Zeit eher nebelig sind. Seine Eltern haben den Flüchtlingen geholfen, haben sie an die allgegenwärtigen Polizisten nicht angemeldet. Sie haben die Flüchtlinge gekostet und zeigten ihnen den Weg weiter. Vierzig Jahre wurde aber darüber geschwiegen, der Sohn hat die ganze Geschichte in groben Umrissen zum ersten Mal an der Schwelle seiner Volljährigkeit gehört. Er lebte ein ruhiges Leben, hat seine Lehre erfolgreich abgeschlossen, wurde zum Bohrmeister, Eisenbahner und Krannfahrer. Im Jahre 1994 haben ihn und seine Mutter Filmmacher entdeckt, danach hat er sich mit Josef Mašín befreundet. Mašín hat seitdem Grunerts Haus mehrmals besucht, er schläft dabei genau in dem Schlafzimmer, wo früher Heu gelagert wurde. An der Stelle, wo ihn Familie Grunert einmal entdeckte und zur Hilfe kam.