The following text is not a historical study. It is a retelling of the witness’s life story based on the memories recorded in the interview. The story was processed by external collaborators of the Memory of Nations. In some cases, the short biography draws on documents made available by the Security Forces Archives, State District Archives, National Archives, or other institutions. These are used merely to complement the witness’s testimony. The referenced pages of such files are saved in the Documents section.
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Entweder rafft man sich nochmal auf oder man geht zugrunde.
Geboren am 17.05.1927 in Pyrehne
1933-1937 Volksschule in Fichtwerder
1937-1943 Mittelschule in Landsberg
1943-1944 Praktisches Jahr in einer Försterei (abgebrochen)
Januar 1945 Flucht
März/April 1945 Rückkehr nach Fichtwerder
April/Mai Arbeitsdienst
Mai/Juni 1945 Vertreibung
Sommer 1945 Ankuft in Babelsberg
1945-46 einjähriger Lehrerbildungsgang in Potsdam
1946-48 Lehrpraxis auf dem Lande (dann ausgebiledete Lehrerin)
1950 Heirat
1952 Geburt des ersten Sohnes
1953 Umzug nach Frankfurt/Oder
1954 Geburt der Tochter
1963 Geburt des zweiten Sohnes
ab 1987 Rentnerin
1987 Tod des Ehemannes
Interviewte: Ruth Nowak
Interviewerin: Erika Rondo
Ort: Trebnitz
Datum: 28.05.2011
Kindheit und Jugend in Fichtwerder [0.00-09.05]
R. N.: Also, ich bin die Ruth Nowak. Bin am 17.05.1927 in Pyrehne – jetzt heißt es ja Pyrzany -geboren. Meine Eltern lebten dort noch mit mir zwei Jahre lang. Standen aus einer Bauernwirtschaft und die übernahm aber der jüngste Bruder dann. Und so musste sich mein Vater dann eine andere Arbeit suchen. Und er fing an Händler zu werden. Und fuhr dann über die Dörfer. Das heißt zuerst lief er mehr, mit Kiepe und Sack und kaufte bei Bauern Waren auf. Also Eier, Butter, Hühner, Gänse. Alles, was es so gab. Und das wurde nach Berlin geliefert. Das ging dann, die Ware, gleich praktisch vom Dorf nach Berlin in zwei Stände, die in großen Markthallen waren. Und zwei Jahre später zogen dann meine Eltern nach... ins Nachbardorf von Pyrehne. Und das heißt Fichtwerder. Fichtwerder und Hopfenbruch. Das gehört zusammen. In Fichtwerder bin ich nachher zur Schule gegangen. Und da fließt auch die Warthe, durch Fichtwerder. Wir sind praktisch an der Warthe großgeworden. Ja, und der Handel entwickelte sich dann bei meinen Eltern. So dass... mein Vater hat dann auch ganz gut verdient durch diese Sache. Es wurde viel gekauft in den zwanziger Jahren, sag ich noch. Und so, dass er sich dann schon 1929 erst mal dieses Haus kaufen konnte in Hopfenbruch und hatte auch schon 1930 einen LKW, ein Auto. So dass die Arbeit nicht mehr ganz so schwer war, dass es immer zum Bahnhof ging nach Döllensradung – das war die Bahnstation – und dann mit der Ostbahn, die über Küstrin nach Berlin führte, wurde dann die Ware nach Berlin geschafft und dort wieder mit der Karre zur Halle. Also ein ganz schweres Leben war das. Und das war dann auch die Zeit, wo es in Deutschland sehr viele Arbeitslose gab. Vor 1933. Ich bin, wie gesagt, 1933 eingeschult worden. Ja, und dann wurde das erst hochgelobt. Dass jetzt die Autobahn gebaut wurde. Vor allen Dingen, dass Arbeitslose verschwanden. Es hieß immer, die kriegten Arbeit, die konnten Autobahnen bauen, aber dass es von Anfang an bei Hitler auf den Krieg zusteuerte hat ja keiner gesehen, und wir als Kinder schon gar nicht. Aber in der Schule wurden wir schon so, doch, na ich muss sagen ich hatte eine gute Schulzeit, aber so erzogen, dass eben die Deutschen irgendwie besondere Menschen sind. Das ging von Anfang an los. Und ich war vier Jahre dort in der Volksschule und dann sagte mein Vater: „Die Kinder sollten bisschen schlauer werden als die Eltern“ und wollte, dass ich zur Mittelschule fahre nach Landsberg. Und das war dann 20 Kilometer entfernt. Und eine Strapaze, nich, mit zehn Jahren jeden Tag 20 Kilometer zur Schule und zurück, das würde man heute keinem Kind mehr zumuten. Aber geschadet hat es eigentlich auch nicht. Und dann ging dann... ich weiß nicht... man hatte auch Freunde. Wir sind in der Bahn gefahren, haben uns... haben Vokabeln gelernt, die ersten englischen, die man lernte. Mein Bruder, der war dort auch, der war ein Jahr älter. Der besuchte die Knabenmittelschule und ich die Mädchenmittelschule. Ja das... Also wir haben es nicht als so eine schlimme Zeit empfunden. Wir haben auch in dieser Gegend nicht großartig was von den Nazis gemerkt. Haben das auch nicht mal im Unterricht so empfunden. Das hat man alles erst später richtig begriffen, was da losging. Eins hab ich noch ganz in Erinnerung, das war, als in Landsberg waren viele schöne Geschäfte, große Geschäfte, auch Cafés, die gehörten Juden. Und an dem einen Tag als diese Pogromnacht war, ich kam auch vom Bahnhof in Landsberg und zur Schule, auf dem Weg zur Schule mit meiner Freundin, und da war erstens der Judentempel ausgebrannt in der Stadt und in vielen Kaufhäusern waren die Scheiben eingeschlagen. Und da hat man überlegt: „Ja, was soll denn das“. Also alles überhaupt noch nicht richtig verstanden. Und in der Schule wurde das auch nicht so irgendwie publik gemacht, dass das so schlechte Menschen sind. Erst, erst später. Und, und im Jungmädchenbund war ich ja dann auch. Da ging jeder rein und, und es gab keinen in der Klasse, der dort nicht mitmachte. Ja wir haben uns nachmittags getroffen, haben so Spiele gemacht, haben Wanderungen gemacht und das war alles. Also haben da nie als etwas Verwerfliches empfunden. Und unsere Eltern, mein Vater, der hat dann gesagt „Aus der Politik muss man sich immer raushalten, dass sollte man sehen“. Und von Anfang an hat er eigentlich gesagt, ja also... „Das gibt einen Krieg“ und „Hitler arbeitet auf Krieg zu“. Aber ich selber haben davon noch überhaupt noch nichts verstanden. Und in der Schule kann ich auch... Nur unser Direktor, der war so ein Fanatischer. Das hat man dann gemerkt. Das ging dann bis 1943, da hatt‘ ich dann die mittlere Reife, den Abschluss. Und man sah ja schon, dass der Krieg kein gutes Ende für die Deutschen nimmt. Die älteren Leute haben gesagt also „Wo führt das hin“ und „Was wird das“ und am schlimmsten als es hieß „Jetzt wird auch noch Russland angegriffen. Was bildet der sich denn ein?“. Und der wurde nie etwas… Schon Napoleon ist da in Russland nicht weitergekommen. Dieses Riesenland… Und mein Vater selbst war schon im Ersten Weltkrieg in Russland. Da hat er dann zwar auch festgestellt wie weit die, viele doch noch zurück sind hinter dem was schon bei uns ist. Und dass die dann sagten „Ja, in Deutschland ist jeder kleine Landwirt ein Kapitalist“. Und mein Sohn sagte letztens, da ist auch jemand gekommen… Dann nach Ostpreußen kamen die Russen, die haben gesagt „Wo ist denn hier das Gutshaus?“. Sieht ja aus als wenn jedes kleine Bauernhaus ein Gutshaus ist. Also irgendwie war dann doch die, nachher Sowjetunion, an vielen Stellen weit hinter uns zurück. Das muss man so sagen. Aber man sah, der Krieg nimmt ein Ende, geht grauenvoll zu Ende. Und dass… 43, wie gesagt, kam ich aus der Schule und das war dann so üblich, wenn man ein Beruf erlernen wollte, dann musste man ein Pflichtjahr leisten, ableisten. Und das konnte entweder sein irgendwo beim Bauern oder im Arbeitsdienst ein Jahr. Das war… sonst wurde man gar nicht zugelassen irgendeinen Beruf zu erlernen. Und ich kam damals in eine Försterei und habe dort ein Jahr lang mein Pflichtjahr abgeleistet für 15 Mark im Monat [LACHT]. Pro Monat 15 Mark. Und die, wer eben nur Achte-Klasse-Abschluss hat, die kriegten sogar nur 12 Mark. Das war so üblich. Aber das Jahr hat mir eigentlich ganz gut getan. Da waren dann auch noch Kinder, die dann schon 14 Jahre bei... Meistens musste ich mit ihnen Englisch üben, die gingen auch zur Mittelschule so… und dann im Garten… so, dass war um. Und dann war es 44 und da sah man das Ende vom Krieg noch näher kommen. Und meine Eltern sagten „Du kannst jetzt nicht nach Landsberg fahren“, weiß nich, „Jetzt kommen die Bomben, bleib jetzt zu Hause“. Und, wie gesagt, das war ein Geschäftshaushalt und da war immer Arbeit. Ein großes Haus hatten wir, einen Hof und „Du kannst also zu Hause bleiben. Jetzt warten wir erst mal ab wie es weiter geht mit dem Krieg und wo wir landen und was übrig bleibt.“ Und so war ich dann von 44 bis 45, blieb ich zu Hause, hab geholfen im Haushalt und auch da in dem Geschäft mit.
Flucht aus Fichtwerder im Januar 1945 [09.05-14.38]
Und wir sind dann das erste Mal… im Januar 45 hieß es also „Wenn jetzt die Russen kommen, wir werden vertrieben und das ist günstiger, dass alle vorher gehen“. Es wurde auch so empfohlen, auch von der Wehrmacht, dass wir Richtung Westen fahren. Aber wohin wussten wir ja auch nicht. Nun hatten wir unser Auto, kann ich zwischendurch auch noch erzählen. Wir hatten einen Chauffeur, der ist mit dem LKW…der LKW wurde beschlagnahmt und da musste unser Chauffeur im Krieg mit dem LKW schon noch mit in diese Kampfhandlung. Also nach… bis Stalingrad ist er gekommen und da ist er dann auch wohl gefallen. Da haben wir nichts mehr gehört von ihm. Und so hatten wir nun, um von zu Haus wegzukommen, eben ein Pferd und ‘n großen Planwagen, so mit Gummirädern, und da wurde nun alles aufgeladen, was an Bettwäsche, weil ich ja noch zwei Schwestern hatte, die Mutter hatte für Aussteuer gesorgt… Alles wurde aufgeladen und auch Fahrräder und so viel wie möglich… es war ja Januar, es war ja kalt. Und Federbetten... Und dann sind wir losgefahren von zu Hause, über Küstrin und wollten nun nich, dass wir bei den Russen bleiben. Die Angst war ja, so wurden wir ja erzogen, dass alles was die mit uns anstellen. Und dadurch sind wir, also südlich um Berlin rum und Berlin wurde auch in der Zeit ganz stark bombardiert. Da wurden immer so wie Christbäume gesetzt. Dann hat man das abends so gesehen. Und da vielen dann die Bomben. Das wurde abgesteckt. Und am schlimmsten Potsdam. Da hatten wir eine gute Bekannte. Potsdam war ja eine Stadt – ist ja heutzutage wieder – eine wunderschöne historische Stadt. Und die ist dann – war es nun im Februar oder März? – jedenfalls ganz stark bombardiert worden noch. Was eigentlich hinterher noch keiner so richtig verstanden hat, denn das sind ja historische Sachen, die dort zerstört wurden. Und so kamen wir mit unserem Pferd, trotz Schnee und Eis und Glätte, immer weiter bis, bis zur Elbe. Bis nach Lanz. Das ist… da ist der Turnvater Jahn mal geboren, wenn Ihnen das ein Begriff ist [ZU E. R.]. In Lanz bei Lenzen. Und Wittenberge ist in der Nähe da auch noch. Ist mehr bekannt. Und dort an der Elbe, da blieben wir auch, da kriegten wir auch eine Unterkunft. Und hieß es wir können, dürfen nicht weiter, auf der anderen Seite sind schon die Engländer, das ist ja schon ihre Gegend weiter, nich. Und meine Cousine und ich, aber hier nicht Röschen, eine andere, wir sind dann noch zur Elbe rangefahren. Richtig, haben dort geguckt, dort standen drei Boote, ich kann jetzt noch nicht mehr genau sagen Engländer oder Amerikaner, und dort stand eine Schlange von deutschen Soldaten, kilometerweise aber einzeln, und die wollten nun alle weg vom Russen noch und rüber, möglichst in englische Gefangenschaft kommen. Und die wurden… na da haben die Engländer… die haben Spaß daran gehabt, die haben einen kleinen Karren gehabt, ein paar Leute eingeladen, da kamen die nächsten rein. Und unser Pferd war dort auf der Wiese über der Elbe, das haben sie beschossen und gezielt, so aus Blödsinn, und gelacht darüber wie das so ging. Und wir haben dann gesehen, ja jetzt, es hört sich das so an als wenn es da im Lanz schon kracht und beschossen wird, und haben uns noch, ich mir auf den Gepäckständer noch, geladen ein Radio, ein schönes Radio, was die Soldaten da liegen ließen. Hab ich nachher auch weggeworfen. Und als wir dann in Lanz ankamen, da standen die ersten Russen, waren die ersten Russen da mit. Und meine Mutter, die Schwester, die mit ist, und eine jüngere, die saßen im Keller und waren nun froh, dass ich da war, dass ich nun auch noch zur Zeit kam. Und der erste Russe, na das ist [LACHT], hier mit seinem Karabiner, nich, auf alle, und „Uri, uri, uri“. Hier, von allen haben sie dann die Uhren abgenommen. Haben die Uhren… Haben die Leute auch gern hingegeben. Ja, und wie gesagt, wir waren da untergekommen in so ‘nem Haus, hatten aber nichts mehr, nich. Der Vater, mein Vater war auch noch da. Und mein Vater, der musste eigentlich viel leiden. Der wurde als Kapitalist hingestellt. Nicht so klein war wie ich, groß und ziemlich gut gebaut. Der hat immer „Du Kapitalist“, weil er nun dick war oder… weiß ich nicht. Ja, wir sind, sind aber doch noch ganz gut davon gekommen. Gut behandelt wurden die Kinder. Meine Schwester, nich. Ich musste mich verstecken, ab und zu. Und auch junge Mädchen noch. Wir haben dann noch eine Weile in so ‘nem Keller gesessen, mit so ‘ner Falltür, weil dann doch Vergewaltigungen dort üblich waren, nicht. Und da haben wir paar Nächte auf Gurren geschlafen. Ging alles gut. Und dann – weiß ich nicht – meine Großmutter war noch bei, und die hat gesagt „Jetzt ist hier auch der Russe,“ und „dann können wir auch wieder nach Hause fahren“. Und das war eigentlich unser größter Fehler.
Rückkehr nach Fichtwerder [14.38-17.30]
Wir sind jetzt noch bei diesen Unruhen nun wieder auf die Straße hier, mit Pferd und Wagen, und die ganze Strecke wieder zurück über Küstrin. Und meine Tante, auch mit so einem Pferdewagen und mit dem Polen dabei, mit dem Stanislaus, wie ich vorhin schon erzählt hatte. Und das waren für mich alles böhmische Berge, wo ich doch wusste die Polen sind doch auch von den Deutschen angegriffen worden, wieso will er jetzt auch nicht von den Russen wissen, wieso bleibt er nun hier? Aber habe ich nachher… Na das war auch in Polen unterschiedlich, er war so mehr englandhörig, und die hatten auch schlechte Erfahrungen mit den Russen gemacht. Und ist ja immer, es hängt ja immer alles von dem Persönlichen ab [WEITER UNVERSTÄNDLICH]. Und so sind wir dann wieder zurück bis März/April, unser Haus war abgebrannt, da war schon der erste große Schlag dort. Und dann hat es auch gar nicht lange gedauert, dann kriegte Fichtwerder, das Nachbardorf von Pyrehne, den polnischen Bürgermeister. Wie schon gesagt wurde, polnische Verwaltung. Aber eins hat ich dann noch, haben wir dann noch, festgestellt. Da waren vorher, na Zwangsarbeiter kann ich nicht sagen, aber auch polnische aus der Ukraine und auch polnische Mädchen, die verpflichtet waren bei den Deutschen zu arbeiten auf dem Dorf. Und von der einen erzählte man immer, die ist nicht gut behandelt worden von den Deutschen und die hat sich dann gerecht, nich. Die soll dann auch die Irma, ihre deutsche Chefin, geschlagen haben, ja. Das ist irgendwie menschlich, aber so richtig versteht man es auch nicht. Ja, dann hieß es „Das Vieh aus unsrem Ort und alles was hier ist wird rausgetrieben.“ Und da musste mein Vater mit. Und wir haben verabredet, weil schon gesagt wurde „Das wird hier alles polnisch werden“, wenn wir weg müssen, dann treffen wir uns in Babelsberg, hier, was zu Potsdam gehört. Dann gehen wir mit dem Handwagen eben nach Babelsberg. Und so kam es auch. Bloß wir waren froh, dass unser Vater nicht in Richtung Osten, eben nach Sibirien wie wir vermutet haben, mit dem Vieh musste. Nee, das blieb in Deutschland. Also das wurde nicht nach Russland getrieben. Bloß die Polen sollten es nicht haben, das wollten die Russen nicht. Ja und dann wurden wir… Ich weiß nicht, so ungefähr vier Wochen habe ich dann da gearbeitet, wurde da eingeteilt vom polnischen Bürgermeister. Dann musste ich dann bei so ‘nem Russen Kühe melken dann erst noch. Das war als die noch nicht weggetrieben waren, die Kühe.
Vertreibung aus Fichtwerder im Sommer 1945 [17.30-20.45]
Und gesagt wurde schon immer: „Es kann gar nicht lange dauern, aber wir dürfen noch nicht packen und wir müssen…“. Haben dann natürlich heimlich uns was zurechtgelegt, was wir überhaupt noch hatten, und unseren Handwagen gepackt. So dass nachher als es hieß… der kam, der dort kam und sagte „In 10 Minuten raus!“, hat zwar mit ‘ner Peitsche gewedelt, aber geschlagen wurden wir nicht. Und alle zum Dorfplatz getrieben. Sehr, sehr viele. Also ich kann jetzt die Zahl nicht sagen. Das war eine Handwagenkolonne von fast einem Kilometer, kann man sagen, alle der Reihe nach. Ja und nach dem… die haben dann so ein paar Stichproben noch gemacht und dann los. Und sind wir los, nicht.
E.R.: Wie Stichproben?
R. N.: Na, was sie da mithatten, nich. Und Mädchen wurden auch betastet, nich. Da haben sie sich ihren Gag gemacht draus. Aber dann ging’s los Richtung Witnica, Vietz hieß es damals, und weiter dann Richtung Westen, bis nach Küstrin. Und die erste Nacht, gleich nach zehn Kilometern, haben wir im Wald übernachtet. Und da kam ein Riesengewitterregen und unsre Bettwäsche, Bettwäsche nich, Federbetten, alles war durchgeweicht, so dass wir das auch wegwerfen konnten. Und dann ging’s jeden Tag ein paar Kilometer, so weit wie wir’s geschafft haben. Meine jüngste Schwester, die saß da noch drauf, aufm Handwagen, ich hab mit der Mutter gezogen und die Schwester auch noch, ein bisschen so… Dann haben wir unterwegs Wasser getrunken, man hatte ja Durst, ein bisschen, paar Lebensmittel haben wir schon noch drauf gehabt. Und haben dann gehofft, dass wenn wir in Küstrin über die Brücke kommen, weil wir wussten, Polen soll ja dann bis Küstrin reichen, bis zur Oder, genau die Odergrenze, das ist ja die Oder-Neiße-Friedensgrenze, wie es nachher hieß. Und da dachten wir, nun wird ja jemand da stehen und sagen „Also, ihr müsst jetzt das Land dort verlassen“. Wir waren ja nun Vertriebene, nicht. In der DDR haben wir jahrelang gesagt „Wir wurden umgesiedelt“, aber wir sind ja nicht umgesiedelt worden, nicht. Der Begriff „Vertriebene“ sollte eben nicht genannt werden. Aber da hat sich keiner um uns gekümmert und dann ging es weiter. Richtung Berlin so, mindestens noch 60 Kilometer. Immer mal im Stall geschlafen, mal da übernachtet, da wieder paar Betten hingelegt. Und bis Berlin. Und da hofften wir, weil wir eine Verkäuferin hatten von der Halle, dass wir dort bleiben können. Und die sagt: „Es tut uns leid“, sie hat grade eine andere Familie aufgenommen. Dann ging die Fahrt mit dem Handwagen, der sich schon kaum noch bewegte, bis Potsdam weiter. Und da war auch noch eine Brücke in Kohlhasenbrück, also Nähe Wannsee schon, gesprengt, also runter, da ging’s so runter [ZEIGT]. Da haben wir erst den Handwagen abgeladen, dann wieder rauf.
Ankunft [20.45-22.00]
Und kamen dann nach Babelsberg. Ist auch eine Kundin von meinem Vater gewesen, die immer nach Berlin fuhr. Ja, hat sie gesagt, sie nimmt uns auf. Da haben wir also ‘n Zimmer gehabt für drei Mädchen, also ich war erwachsen und meine beiden Schwestern noch Kinder, meine Mutter. Eine hat, zwei haben an der Erde geschlafen, aber wir hatten erst mal ein Dach überm Kopf. Und dann haben wir alle Typhus gekriegt. Und kamen ins Krankenhaus. Meine jüngste Schwester fing an, dann hier die Schwester, die dabei ist heute, und dann ich. Dann lagen wir… Eine Schule in Babelsberg, die war zum Krankenhaus umfunktioniert und zu essen konnten sie uns ja auch nichts geben großartig. Eine Scheibe Brot und Kohle, Kohle, na, Medikamente, irgendwie was nun stopfen sollte. Ne, wegen Typhus. Aber wir haben es überlebt, alle drei. Und waren dann recht zufrieden. Und ich bin dann… Ja, ich kriegte dann noch ‘ne Thrombose, weil wir auch jeden Tag Spritzen bekommen haben. Und dann kam erfreulicherweise mein Vater zurück und hat uns erzählt wo er… wie schwer er’s auch hatte. Aber er hat sich nur gefreut, dass wir lebten alle noch.
Neuanfang [22.00-29.50]
So, nun war ich ja inzwischen 18. Einen Beruf hat ich überhaupt noch nicht. Und meine Mutter kriegte auch keine Rente, weil sie nicht… weil sie selbständig waren, die Eltern. Und das war ja alles weg, Geschäft war weg. Mein Vater fing an im Konsum zu arbeiten. Er hätte auch… Konsum, ist Ihnen das ein Begriff? [ZU E. R.; E. R. VERNEINT KOPFSCHÜTTELND] Ja, das ist, Konsum ist, na so, wie soll ich denn sagen, HO gab’s. Konsum, so ’n, so ‘n Laden in der DDR, wo alles verkauft wurde, aber nicht privat, das ist so eine Gesellschaft [WEITER UNVERSTÄNDLICH]. Und er wollte dann, hatte ja alles verloren, war nun auch nicht mehr so jung und hat gesagt, er will weiter nichts mehr als Lagerarbeit da und hätte sonst noch wenigstens Chauffeur fahren können und Waren ausfahren. Das wollte er nicht. Es hat… reicht. Und dann liefen in Potsdam ganz viele Lehrerbildungsgänge an. Weil die Lehrer, die in der Nazipartei waren, wurden in der DDR aus dem Schuldienst entlassen. Und mich hat zufällig jemand angesprochen, der aus Vietz war und sagte „Ach, sie sind aus Landsberg“ und wir waren da aus einer Straße „hätten sie nicht Lust?“ Und ich sag „Na, ich weiß nicht, ob ich das überhaupt kann und ob ich das schaffe“ und [er] [Anmerkung Interviewer] „Ja, das sind so viele, die umgeschult werden.“ Und da bin ich… hab ich dann so ein Lehrgang besucht, der… Und da waren 10, 10 Lehrgänge. Und dann… nun mussten ja neue Lehrer her, denn das waren ja fast, also viele, viele Lehrer in der NSDAP damals. Und ein Jahr war das nur, diese Ausbildung. Und dann sollte man in der Praxis eben sich weiterbilden. Und nach einem Jahr praktischen Schuldienst die erste Lehrerprüfung machen und nach ‘nem weiteren Jahr die zweite Lehrerprüfung. Und das hab ich nun gemacht. Ich hab da… Als der Lehrgang zu Ende war nach einem Jahr hieß es „Alle, die unverheiratet gewesen sind gehen aufs Land“. Das waren in unserem Lehrgang auch viele, die so eine Verwundung hatten durch den Krieg und ihren Beruf nicht mehr ausüben konnten. Ich weiß, der eine hatte Hand, in der Hand… Die auch Lehrer wurden. Und auch etliche, die nur vielleicht so eine politische Einstellung… politisch leicht gebildet waren. SPD und KPD, und alles. Da hab ich ja keine Ahnung von gehabt. Aber die Älteren, da waren 30jährige dabei, die uns dann auch schon agitiert haben. Und es hieß dann auch, also man müsste sich, man müsste einen Standpunkt vertreten. Und man sollte auch sich entscheiden, nicht. Aber mein Vater nun, bürgerlich, „Pass auf, so was machst Du nicht. Lass das sein.“ und „Man weiß ja nicht wie alles kommt.“ Wusste ja auch kein Mensch. Und ich kam, kam dann nach… Alle Unverheirateten kamen raus aufs Dorf. Irgendwo aufs Dorf. Und damals war, sowie ‘s jetzt wieder ist, auch die Provinzialregierung Brandenburg. Und später wurde das ja eingeteilt nur in Bezirke. Da gab’s ja Brandenburg gar nicht mehr. Das ist ja erst nach der Wende praktisch wieder so entstanden. Und ich kam auf ein Dorf in der Nähe von Beeskow. Also auch wieder nicht so weit von Frankfurt entfernt. Kleines Dorf. Und hab dann angefangen dort… Muss ehrlich sagen, man hatte kaum Sachen zum Anziehen, Schuhe mit großen Löchern. Und nun zur Weiterbildung gehen, und wurde ja doch reingeworfen in den Schuldienst. Und ich hatte dann die Klasse ein bis vier. Und mein Kollege, der dort war hatte die Klasse fünf bis acht. Und das war aber auch kein… Das war… Na, ich war ja nun auch noch nicht der richtige Lehrer, aber er war erst recht kein Lehrer. Der war nämlich Dr. Dr., Dr. der Physik und Chemie. Und er ist bloß auf dieses Dorf gegangen, weil er seinen – er hatte drei Kinder – weil er in Berlin eigentlich bei Siemens gearbeitet hat. Und sein Schwiegervater war dort auf dem Dorf Gutsverwalter. Und da ist er dann, als die Bomben so stark waren, da ist er dorthin gegangen und dort konnte er immer so nebenbei Lehrer sein, nicht [LACHT]. Und vor allen Dingen, sagt er, müssen seine Kinder hier im Dorf nicht hungern, während in Berlin ja alles ausgebombt war und viele hungerten, so… Wohnte er in der Schule und ich bekam ein Zimmer da irgendwo im Dorf. Und weil ich ja weder einen Kochtopf hatte – nur wenig Sachen zum Anziehen – wurde mir empfohlen, dass ich die erste Zeit reihum essen gehen darf. Vom einen Bauern zum anderen. Jetzt waren die alles, auch, die kamen ja auch von irgendwo her und haben neugesiedelt und hatten wenig, so ähnlich wie er erzählt. Und für mich was ja nun… dachte ja… Aber wenn man, nochmal von Babelsberg aus, da bin ich zweimal mitgefahren auf dem Zug, auf dem Dach oben, um zu hamstern, um ein bisschen Essen ranzuschaffen. Wie gesagt, das mach ich nie mehr. Und wenn man eben gehungert hat, dann ist einem das auch egal, nicht. Und alle die, dort wo ich hinkam, haben ja nun sich Mühe gegeben und waren nett: „Die Lehrerin kommt. Die Lehrerin kommt.“ Und zu den Kindern hatte ich einen guten Kontakt. Aber es war… Irgendwann war dann Abteilungsunterricht. Können Sie sich da was vorstellen? [ZU E. R.] Klasse eins bis vier in einem Raum. Und dann kriegte die, irgendwie die vierte Klasse, die Vierten… Das waren insgesamt ja 23 Kinder nachher, eins bis vier, so ein kleines Dorf. Dann kriegten die in der vierten Klasse, „Also ihr habt da was rauszusuchen“. Die kriegten eine Beschäftigung, der ersten Klasse wurde ein neuer Buchstabe erklärt. Und so ging das denn weiter. Und die Klasse… der Kollege, der zog dann… und dann hieß es, nicht, Siemens, bei Osram, bei Osram war er. Der hat jetzt wieder aufgemacht im Westen, und damals waren auch die Grenzen noch nicht. Er geht jetzt dorthin und nimmt wieder seine Arbeit auf. Wir haben uns auch noch ziemlich lange geschrieben. Und er blieb dann dort. Ist ja klar. Er war ja auch kein Lehrer. Er hat seine Versuche gemacht und festgestellt wie dumm einige Kinder sind, aber erklären konnte er es nicht. Dazu musste man ja auch ein bisschen Psychologie dann studieren [LACHT]. Ja und mir hat es eigentlich dann auch Spaß gemacht, die Arbeit jahrelang. Und mein Sohn ist dann, mein ältester Sohn, ist 1952… So lange war ich da…48/49 kam ich hin, hab dann die Lehrerprüfung noch zwischendurch gemacht, musste immer noch lernen. Musste ins Nachbardorf gehen, hatte dort einen Mentor, der dort hospitiert hat. Und neunzehnhunderzweiundf…
Familiengründung [29.50-34.50]
Und dann muss ich noch sagen, dann lernte ich meinen Mann kennen. Der kam aus Gefangenschaft, der war in englischer Gefangenschaft. Und seine Eltern in Berlin ausgebombt. Und seine Eltern wohnten in dem Dorf. So.
E. R.: Und wann war das? Welches Jahr?
R. N.: Das war 48. Da haben wir uns verlobt. 1948. Und 1950 haben wir geheiratet. Da war dann großes Fest für das ganze Dorf. Die Kinder durften noch…alle haben… [LACHT]. Mit der Kutsche sind wir noch gefahren ins Nachbardorf. Und dann haben sie immer so eine Girlande gespannt und der Bräutigam musste Geld rauswerfen. Und mein Mann kam aus Gefangenschaft und sein, wie gesagt, sein Vater hat gesiedelt. Das wurde ja das Land jetzt von dem Gutsbesitzer aufgeteilt und da kamen alle die, die nun auch Vertriebene waren… Also viele haben dort gesiedelt in dem Dorf, nicht. Bloß denen ging es ähnlich, dass sie eben auch wenig Geräte hatten. Und von dem Gut – das gehörte einmal einer Familie Mack und nachher hatte das alles Ferdlingens aufgekauft, der im Westen auch einen Namen hat. Der hatte drei Güter dort in der Nähe. Und die… das Dorf… viele von denen waren so Tagelöhner, die auf dem Gut gearbeitet haben. Und einige Mittelbauern gab es auch. Und meinem Mann, dem ging es ja so ähnlich wie mir [FAXGERÄUSCH]. Er hat immer gesagt, er war 8 Wochen mit Bahnfahrt Soldat. Also ist er mit 16 Jahren in Berlin eingezogen, na eingezogen, na freiwillig war es auch nicht… Ist nach Schleswig-Holstein gekommen und da waren dann schon Ältere, die haben gesagt „Na, Jungs, was wollt ihr denn? Ihr könnt den Krieg auch nicht gewinnen.“ Und er war kurz in englischer Gefangenschaft. Und hatte ja nun auch keinen Beruf. Er hatte angefangen so technischer Kaufman zu lernen in Berlin. Aber hatte nicht ausgelernt. Und sein Vater hatte also eine Linkseinstellung und wurde in dem Dorf als Bürgermeister eingesetzt von den Russen. Und der konnte… war früher ein Arbeiter an der Bahn… sollte nun ein Dorf regieren. Das ist ja alles nicht möglich gewesen. Da kam mein Mann und der hatte gesagt „Junge, das kannst Du machen“ zu seinem Sohn. Und so hat er das dann eine Weile gemacht, aber dann durfte das nicht sein, weil er noch nicht 21 Jahre alt war, sondern erst 20. Und da durfte er nicht gewählt werden. Und dann hat er ein…durch Zufall in dem Dorf… da waren große Viehdiebstähle. Es wurde viel gestohlen, auch so. Und da hat er mit Freunden, die in seinem Alter waren, mit einem so einen Dieb gefasst. Und den haben sie ins Spritzenhaus eingesperrt. Und dann kam nachher die Kriminalpolizei von Beeskow. Und haben gesagt zu meinem Schwiegervater [LACHT] „Der hat Fähigkeiten“ und haben ihn für die Kriminalpolizei geworben. Und so ist er dann eingestellt worden. Und da ist er eben… Und dann haben wir 1952, nee, 1950 geheiratet und unser Sohn ist 1952 geboren. Und mein Mann war dann die ganze Zeit bei der Polizei. Und dann hab ich… na, muss ich mal weiter… dann kam er… Ach so, dann wurde der, hier Brandenburg, das Land Brandenburg aufgeteilt in Bezirke. Und auch der Bezirk Frankfurt/Oder. Und da das Dorf nicht so weit weg war und ich inzwischen längst in der Schule wohnte, also die Schule für mich alleine hatte, die Wohnung, und langsam angefangen hatte ein paar Möbel zu bestellen, nicht. Wir waren ja ganz, ganz ärmlich. Wir hatten wirklich nichts. Da sagte er „Dann wollen wir lieber nicht nach Potsdam ziehen“ – ich wäre gern nach Potsdam gezogen, weil da meine Eltern in Babelsberg noch wohnen. „Dann komme ich… versuche ich hierher zu ziehen, nach Falkenberg und fang…“. Und er wurde nach Frankfurt/Oder versetzt zur Polizei. Aber das war dann so in den ersten Jahren, die haben dann Razzia und alles Mögliche machen müssen von der Kripo und Einsatz. Er hat vorgestellt, er kann jeden Tag die 45 Kilometer mit dem Motorrad bis zu mir dahin fahren, zu den Kindern. Aber das wurde nichts. Und ich muss sagen, ich hatte dann so die Nase voll von der Wochenendehe, nicht, immer einer da, einer dort. Weil er ja auch noch erst zur Schule musste in Dresden. Ein Jahr zur Kriminalistikschule.
Umzug nach Frankfurt – die neue Heimat [34.50-40.06]
Und dann zogen wir 1953 nach Frankfurt. Ja. Und 1954 ist unsre Tochter geboren. Die wohnt auch… Die wohnt Mühlenweg. Und ist an der Schule in Frankfurt. Ist auch Lehrerin. Ja. Gegenüber vom Rathaus an der Schule. Da kommen Sie ja vorbei [ZU E. R.], direkt. Aber die Schule… nächstes Jahr müssen sie umziehen. Das wird irgendwann mal abgerissen, die Schule. Eigentlich schade, die ist nicht so hässlich. Von den Neubauschulen ist es noch eine der Schönsten in Frankfurt. Aber da soll… ich weiß nicht, mal sagen sie, ein Fünf-Sterne-Hotel kommt dahin. Ich weiß es nicht. Ja, und die ist ja inzwischen auch schon 56 Jahre alt [LACHT]. Mein ältester Sohn, der wird nächstes Jahr 60. Kann man ja kaum glauben, nicht. Ja, und ich hab dann… Dann zogen wir neunzehnhundertvierundfünf… dreiundfünfzig nach Frankfurt. Da hab ich erst keinen Krippenplatz bekommen, bin zwei/drei Jahre gänzlich zu Hause gewesen. Musste mich mächtig einrichten mit dem kleinen Polizeigehalt. Da war nicht viel. Und wie gesagt, einer war ausgebombt, mein Mann, ich war Flüchtling. Wir mussten uns jedes Stückchen ganz, ganz hart erarbeiten. Und dann hab ich aber wieder angefangen als Lehrer in Frankfurt und bin das dann geblieben bis zur Rente. Also von 1959, 59 hab ich erst angefangen wieder. Und war dann an der Geschwister-Scholl-Schule in Frankfurt/Oder. Bis ich dann mein sechzigstes Lebensjahr erreicht habe. Hab ich auch durchgehalten. Und hat mir ja eigentlich Spaß gemacht. Zwischendurch hatte ich noch mal ein Jahr Pause, weil dann sich bei uns ein Nachkömmling angemeldet hat, mein jüngster Sohn. Der wurde dann 63 geboren. Der hat mich auch gestern hierher gefahren mit dem Auto. Wohnt auch in Frankfurt. Ja. Leider ist mein Mann dann sehr zeitig gestorben. Im sechzigsten Lebensjahr als ich gerade in Rente ging. Wo wir uns dann anfangen wollte das Leben gemütlich und schön zu machen. Wir hatten so einen kleinen Bungalow. Sind viel in Wald gefahren. Und das war natürlich hart. Aber inzwischen ist das auch schon 20 Jahre her und länger, nicht. Ich hab dann gelernt ganz selbständig zu werden. Und entweder rafft man sich nochmal auf oder man geht zugrunde, nicht. Und sagte sich, das ist nun ein anderes Leben. Das erste war sehr, sehr schön, aber man muss fertig werden. Und bis jetzt klappt es auch. Ich hab ganz nette, liebe Kinder. Aber ich wohne eben noch gerne allein und habe meinen eigenen Haushalt und besuche sie gerne. Und sie mich auch. Aber die Selbständigkeit möchte man noch nicht aufgeben. Und muss dann sagen, die Wende… Zuerst haben wir lange Zeit gewohnt, mit meinem Mann noch, mit den Kindern – hat ich schon gesagt, nicht, ganz in der Nähe vom Rathaus, wo dieser Bau ist, da steht oben drauf die Werbung für die Zeitung oben. Also gegenüber, da haben wir gewohnt in der ersten Zeit. Das war der erste Block in Frankfurt, der Fernheizung bekam. Und das war eine große Erleichterung mit drei Kindern. Und dann immer schön geheizt. Und wenn man von der Schule kam, dass man doch eine große Erleichterung hatte. Aber der war dann verhältnismäßig teuer erst. Und der wurde nach der Wende dann rekonstruiert. Erst hieß es, es wird abgerissen, stand dann aber unter Denkmalschutz. Und dann hieß es, bleibt erhalten, wird rekonstruiert. Und ich konnte mich entscheiden – ich hatte noch die Vierraumwohnung –, ob ich wieder zurückziehe. Ein Jahr musste man ausziehen, dann konnte man zurückziehen. Es wurde aber alles bezahlt, der Umzug. Aber was sollte ich noch mit vier Zimmern. Und außerdem wollte ich nun in die Nähe meiner Tochter ziehen und hab gesagt, ich zieh nicht mehr zurück. Und so haben die dann auch den Umzug organisiert. Und ich hatte zur damaligen Zeit einen Oberschenkelhalsbruch. War mit dem Fahrrad gestürzt und musste mit Krücken gehen ein halbes Jahr. Hab ich auch überwunden noch und wohne dort in der Güldendorfer Straße in so einem Würfelhaus. Ich weiß nicht, ob Sie… Die Wohnungen werden Sie nicht kennen [ZU E. R.]. Das ist, na eigentlich anderthalb Zimmer. Aber ein großes Zimmer und 48 m². ein großes Zimmer auch mit ‘m schönen Balkon und Küche mit Fenster. Alles gefällt mir gut. Und mit Fahrstuhl, nicht, und ich kann nach oben, und im Grünen. Und wie gesagt, fünf Minuten später wohnt meine Tochter in dem Häuschen da im Mühlenweg. Kann ich jeder Zeit hin. Aber ich hab… kann eben noch allein alles einteilen wie ich möchte, nicht. Und das gefällt mir noch.
Der Bruder Kalf und die Ost-West-Trennung Deutschlands [40.06-42.48]
Und hab natürlich nach der Wende, weil ich ja nun auch, und das war eben das Schlimme, das würde ich heute auch nicht für richtig halten, dass man keine Westverbindung haben durfte. Weil mein Mann Polizist war. Und ich hab einen… Mein ältester Bruder, der kam aus englischer Gefangenschaft, 45. Und der wohnt in Kalf bei Stuttgart. Und da konnte ich praktisch [LACHT] keine Verbindung zu dem haben, obwohl ich eben… der mit mir vom Alter her am nächsten war. Ein Jahr älter. Und einen Bruder zu haben, der ein Jahr älter ist, ist ja was Herrliches, nicht. Ja, das konnte man… Bloß da hat man sich eben disziplinieren lassen, wissen Sie [ZU E. R.]. Ich hab dann immer, meine Eltern lebten dann ja noch lange in Babelsberg, hab‘ dann immer erfahren über die, wie es meinem Bruder geht. Aber irgendwie hat man sich auch auseinander gelebt, nicht. Der hat nun sein Leben. Und wenn ich denke, klüger in der Schule war er auch nicht als ich. Aber er besuchte die Knabenmittelschule und ich die Mädchenmittelschule. Aber er hatte andere Möglichkeiten im Westen. Der hatte das Kaufmännische, was er begonnen hatte zu lernen, dort zu Ende geführt und konnte sich eben vielmehr Werte schaffen, nicht. Hat sich ein wunderschönes Haus gebaut. Und das war auch sicher durchgehend Marschallplan. Also da wurde im Westen alles ganz anders unterstützt. Aber unsere Überzeugung, und meine Überzeugung war, wir treten für eine gute Sache ein. Der Sozialismus ist eine gute Sache, wir haben den Krieg erlebt, wir hatten viel Böses, viel Schlechtes erlebt, und wir möchten, dass Frieden bleibt. Und dass man nun nicht reisen durfte, und das nicht sollte… Ich hab noch meine beste Freundin… die ist nach Australien ausgewandert. Ja, das war alles traurig. Und ich musste auch, hat man auch heute wieder gemerkt1… das so die Heimat zu verlieren, so ein Krieg zu erleben, ist ‘ne schlimme Sache, nicht. Das ist ganz, ganz schlimm. Na und so hab ich mich dann wieder gefangen nach der Wende. Na und jetzt mach ich ab und zu schöne Reisen, nicht [LACHT]. Einfach einmal im Jahr nach Marienbad, nach Tschechien, zur Kur. Da war ich jetzt. Und dann hier mit meiner Schwester aus Berlin, wir fahren im August nach Swinoujscie, also Swinemünde damals hieß es. Nicht, zur Ostsee. Das ist auch schön. Das gefällt uns auch in Polen. Mach ich erst mal Pause?
E. R.: Ja?
Die Kinder [42.48-45.23]
R. N.: Ich könnte nun noch von meinen Kindern viel erzählen, wie die sich entwickelt haben. Aber…
E. R.: Erzählen Sie was sie möchten, das ist jetzt Ihre Zeit, Ihr Auftritt [LACHT].
R. N.: Ja, drei Kinder… An sich hatten sie geplant. Also beide Söhne, der Älteste, die hatten diese Offizierslaufbahn. Mein ältester Sohn, der 52 geboren ist, der hatte auch das Abitur gemacht auf der Spezialschule in Frankfurt, die Gauß-Schule2, die hatte er besucht. Und wurde dann als…wollte dann eigentlich Pilot werden, nicht, so ausgebildet. Aber da kamen von hundert nur drei ran. Bei ihm war… er konnte auf einem Auge nicht so gut sehen und wurde dann praktisch so…Bodenpersonal haben wir gesagt, also als Leit- und Führungsoffizier, Flugzeuge werden ja von unten gelenkt, nicht, wurde er ausgebildet. Ja, und kam nach Karmen zur Ausbildung. Und, na gut, das hat ihm dann eben so…Mein Mann, der war mit Leib und Seele Polizist und der hatte eigentlich bei seinen Söhnen das auch ganz gern gesehen alles. Und meine Tochter, die wollte von Anfang an Lehrerin werden, aber dann auch so eine Lehrerin wie ich für die Unterstufe, also für die Grundschule, nicht. Sie kam zur Schule. Dann hatten wir in der DDR Schüler, die leistungsstark waren, konnten die Russischschule besuchen. Wir haben gesagt „Russischschule“, es war natürlich keine. Aber dort lernten sie von der dritten Klasse an Russisch. Das zusätzlich. Und da hat man schon gemerkt, dass sie in dem Alter ganz aufnahmefähig für Sprachen sind, nicht. Das fiel denen gar nicht schwer. Und sie hat dann dort Russisch… und nachher wollte man sie dorthin schicken… wir haben für Lehrerin, das wäre die Richtung und, welches Fach war…ich glaube Geographie, Erdkunde, Geographie war noch dabei. Aber da hätte sie die Größeren unterrichten sollen und sie war… schon mit 8/9 Jahren hat sie gesagt, nur für die Kleinen geht sie. Und so wurde es dann in Neuzelle, das ist ein ehemaliges Kloster gewesen, da war dann die Ausbildungsstelle für Lehrer. Bei uns hießen sie Unterstufenlehrer. Grundschule vier Jahre. Und da musste man kein Abitur habe. Also sie brauchte nur den Zehnte-Klasse-Abschluss.
Der Lehrerberuf im Ost-West-Vergleich [45.23-50.46]
Und das gab’s ja im Westen nicht, nicht. In Westen musste jeder, der Lehrer werden wollte, Abitur haben. Hab ich dann da auch erfahren. Die hatte dann… Frankfurt hat dann…hier, Heilbronn zum Freundschaftsort bekommen, und da kam dann eine Lehrerin aus Heilbronn und hat in Frankfurt hospitiert. Nicht eine, mehrere. Und da hab ich noch meine größere Wohnung gehabt, die haben dann bei mir übernachtet und dann haben wir dann ausgetauscht. Lehrer in Heilbronn und Lehrer in Frankfurt. Und das hieß dann erst mal, „Sylvia“ hat sie zu meiner Tochter gesagt „Du bist noch zu streng. Lass die doch dahinten rumhüpfen“ [LACHT]. Also bei uns ging das eben: „Ruhe sein“ und „Ordnung“ [SCHLÄGT WORTBEGLEITEND EINIGE MALE MIT DER FAUST AUF DEN TISCH]. Und sie sagt immer: „Nein“, sie war an der Hauptschule, sagt sie, „Da kommt einer, wenn er keine Lust hat, hat ‘ne Mütze auf und setzt sich hin und hat eine Stunde keine Lust.“ Kannte man eigentlich nicht so bei uns. Und sie hat uns eingeladen, da durfte ich sogar mitfahren, mit der Lehrergruppe, obwohl ich ja schon lange Rentner war, nach Heilbronn. Und da hat mich dann mein Bruder abgeholt, das war ja Stuttgart, alles nicht so weit. Und haben uns sehr, sehr ausgetauscht. Eigentlich hat man gesagt, ja… Ach so, und sie hat dann gesagt „Ganz gleich, ob man in Klasse eins bis sechs unterrichtet, man hat Abitur zu machen und dann darf man ja erst studieren.“ Wenn man Abitur nicht hatte, darf man das nicht. Ich weiß es nicht. Manchmal hab ich schon gesagt, ist ja richtig, ein Grundwissen soll da sein. Aber ein Grundwissen hat man auch, wenn man 10.-Klasse-Abschluss hat. Und das wurde hier, von Neuzelle aus, sehr, sehr viel mit Praxis verbunden, nicht. Das sie viel unterrichtet haben. Und sie selber, die hieß Jutta, da aus Heilbronn, die sagte: „Ja, ich kann das alles und ich hab Abitur. Ich hab auch studiert und könnte auch in der 10. und 12. Klasse unterrichten, aber hab das ja jahrelang nicht gemacht. Und wenn ich jetzt unterrichten würde, dann müsste ich mich auch hinsetzten. Und alles vorbereiten.“ Also ich denke mal, die Praxisbezogenheit, die ist ganz, ganz wichtig. Und ob das…und genauso… Sie studieren ja nun auch [ZU E. R.]…Was dann nach der Wende so losging. „Jeder muss studieren“ und „Jeder muss Abitur möglichst machen“. Und wie meine Tochter dann erzählte, da konnten, also in diesem Jahr ging es neu los, im vorigen Jahr haben die Eltern noch bestimmt welche Schule ihr Kind von der 6. Klasse an besuchen soll. Und sagt sie: „Wenn wir dann als Lehrer gesagt haben, also günstiger wäre die Realschule, weil Gymnasium ist zu hochtrabend, Ihr Kind quält sich“, „Nein, mein Kind ist klug und ich wünsche das.“ Und in diesem Jahr hat sie mir…nee, nee, muss schon zurück sein, das hat sie mir Ende vorherigen Jahres, als das Schuljahr beendet war, das war sechste, sechste Klasse… Nee, so war’s, Anfang des Jahres wurde es entschieden, im Februar/März, da musste sie die großen Gutachten schreiben für die Sechstklässler hier. Und dieses Jahr hieß es „Der Lehrer macht die Vorschläge.“ Und ich weiß bloß, dass sie mir freudestrahlend erzählt hat, dass alle ihre Vorschläge von den Eltern akzeptiert wurden. Manchen Eltern, die wollen aus ihren Kindern mit Gewalt Genies machen. Und das geht ja nicht. Dass sich die Kinder nur quälen, das sehen sie mitunter nicht ein. Aber sagt: „Das hat alles geklappt.“ Aber dieser Bürokratismus in der Schule, wir fanden ihn ja schon zu DDR-Zeiten schlimm. Der ist jetzt viel, viel schlimmer. Und wenn ich mir die…erst mal… ich kann ja bis heute nicht umgehen mit dem Computer, und das musste ja sein, sonst ging das gar nicht. Und diese Vorlagen und Formulierungen… Sagt sie: „Wenn wir schreiben, das Kind gibt sich große Mühe“, dann heißt es schon, es ein bisschen dumm sei. Also ich weiß nicht, ob das alles so gut ist, und schön ist. Und diese DIN-A4-Seiten Gutachten, die liest sich kein Mensch durch nachher. Also ich will das nicht so behaupten. Aber ist vieles übertrieben. Und so was macht dann die Lehrer zum Teil kaputt. Man hört, alle die dann so 56/57, die können nicht mehr. Und nun hab ich jetzt von der Bekannten von meinem Enkel wieder gehört, der dann in München lebt, da hat da wieder ein Bekannte, da sagt er, die sagen: „Da arbeitet kaum ein Lehrer mit sechzig.“ Die sind alle vorher schon, weil sie ja auch Beamte sind, das sind ja unsre Lehrer nicht, das gab’s ja hier nicht. Die waren eben Angestellte. Aber nach der Wende konnten nun viele verbeamtet werden. Aber auch nicht alle. Ein bestimmtes Alter spielte eine Rolle. Ja.
Bilanz zum Mauerfall [50.46-59.36]
Ich muss immer sagen… Wir haben uns mächtig gefreut als es nun heißt, die Grenzen sind offen, wir können reisen. Auch ich. Auch wenn man nun… Also ich wusste von vorher, ich mein, ich hab die Zeit vor 1945 schon erlebt, in den 30er Jahren. Und da konnte man sich noch erinnern, dass nicht alles Gold war, was glänzte. Und dass sich nicht jeder alles kaufen konnte. Aber das haben tatsächlich bei uns junge Leute durch Fernsehen, die haben gedacht, da fliegen ihnen die gebratenen Tauben in den Mund. Wenn dann die Demonstrationen waren. Und dann sind viele nachher dann… Ich hab dann auch mit Kollegen gesprochen, ich war dann ja nicht mehr Lehrer…so sehr nette, ältere Kollegen. Die haben gedacht, jetzt haben wir die Freiheit, jetzt können wir in der Schule machen was wir wollen, nicht. Der eine Kollege, ein ganz toller Lehrer, der hat gesagt, einer hat mal ein Messer auf den Schreibtisch gelegt und hat gesagt „Jetzt können wir machen was wir wollen. Jetzt sind wir… jetzt gehören wir zu Deutschland.“ Ja, das ist… man kann vieles sagen, nicht. Es war…jetzt sind inzwischen viele Jahre vergangen, man kann über vieles sprechen, man hat sich vieles anders vorgestellt. Muss ich ehrlich auch sagen. Schon als die Wende kam, auch meine Tochter und die Kinder, waren alle darauf aus, jetzt endlich können wir uns alles kaufen. Schicke Kleidung war ein Engpass. Mal die Baumwohlsachen… dann gab’s hübsche Kleidung, nicht. Und junge Mädchen, die wollen sich schön kleiden. Dass das nun alles kommt. Weil unsere Geschäfte, die großen Läden, die wurden von einer Nacht zur anderen leer geräumt. Es kamen nur Westwaren noch rein. Das hat doch alles nicht sein müssen. Aber daran hat man gesehen, die wollten doch auch nur ihre Wahre absetzen, nicht. Also so, dass nun alles Wohlstand und toll ist und jeder reich ist, so ist das ja auch nicht. Und wie gesagt, bei uns, Arbeitslose gab’s nicht. Nun hatte Frankfurt ja das Halbleiterwerk. Da waren ja mehrere Tausend eingestellt. Haben auch Polen damals schon gearbeitet, die über die Grenze kamen. Aber wenn man sich… Viele Mütter von meinen Schülern haben dort gearbeitet, weil sie [WEITER UNVERSTÄNDLICH]. Und dadurch wurde Frankfurt so schnell aufgebaut, mit den Hochhäusern. Und jeder junge Mensch hat sich gefreut, dass er eine Wohnung kriegte. Später haben sie die alle verpönt. Sie sehen ja [ZU E. R.] jetzt wird alles abgerissen. Was einem ja auch irgendwie Leid tut. Aber wenn die Leute nicht mehr da sind und die Wohnungen leer stehen, was soll’s. Und die Eltern, etliche im Halbleiterwerk, etliche Ingenieure waren Väter von Schülern von mir, die haben auch gesagt, sie sind vor allen Dingen nach Frankfurt gekommen, um eine Wohnung zu kriegen. Sogar etliche aus Sachsen, weil dort, gab es nicht so diesen Aufbau. Und die Arbeit…die eine Mutter hat dann immer gesagt: „Wir sind zwar nicht arbeitslos, aber manchmal sitzen wir drei/vier Stunden rum im Halbleiterwerk, haben keine Arbeit, weil das Material noch nicht da ist…“ und wurden eben nicht als Arbeitslose geführt, nicht. Das war auch nicht…man weiß nicht, was richtig ist, ob man…aber das ist auch nicht in Ordnung, nicht, dass sie da sitzen. Aber sie haben ihr Geld gehabt. Krippenplätze hatten sie alle gehabt. Die waren ja…da kann man nichts gegen sagen. Das hätte man auch nicht so wegschaffen dürfen. Ist meine Meinung, auch. Was sofort nach der Wende geschah… also, zu jeder Klasse, gehörte ja eine Hortgruppe. Wenn der Unterricht zu Ende war, da kam der Horterzieher, der genauso eine Ausbildung hatte wie der Unterstufenlehrer, dann haben wir noch ein paar Worte gewechselt, Hinweise gegeben. Jedenfalls gehörten die Horterzieher auch zur Volksbildung und das war eigentlich eine gute Sache, eine tolle Zusammenarbeit. Und auch für nachmittags. Und das wurde dann getrennt. Der Hort, das gehörte dann zum Sozial… oder wie heißt das jetzt? Na Gesundheitswesen, also nicht mehr zur Volksbildung. Und jetzt heißt das nun auch nicht mehr Volksbildung, jetzt heißt das Schulamt. Schulamt in Frankfurt, nicht. Und jetzt weiß ich nicht, ob die… eigentlich verdienen die auch weniger als die Lehrer. Also, das hätte ich nicht so begrüßt. Und etliche Methoden… Ich hab das ja dann von der Jutta gelernt, dass erst ging los, dass erste Klasse, „Ihr überfordert die Kinder. Was macht ihr? Ihr fangt mit Plus und Minus an…“ und so…[KLOPFT DABEI MIT DEN FINGERN AUF DEN TISCH] und das und die Stunden. Und die haben das alles doch begriffen. Man hat es doch sowieso… und gesagt…Und dann ging das los mit den… meine Tochter hat erzählt, montags wird erst ein Stuhlkreis gemacht, dann wurden die Rechtschreib-, Grammatikstunden, gekürzt. Und ja, vierte Klasse sollten sie schreiben und lesen lernen. Wenn die Stunden nicht da sind, nicht. Also ich glaube, manches ist auch falsch gemacht worden. Also bestimmt hätte man heute auch anders… Auf einmal, wir hatten sie angeblich überfordert, auf einmal ging das los: „Ach die können in Kindergarten jetzt schon Englisch lernen.“ Spielerisch können sie’s, nicht. Genauso wie meine Tochter in der dritten Klasse Russisch lernen konnte, nebenbei, wenn sie… Ja, und bloß ich hab das dann immer noch aus der Zeitung und vom Weiten beobachtet. Und hab‘ dann so mein Leben weitergelebt. Und wenn ich jetzt sehe… Schade ist bloß, tut mir ja wirklich Leid für Frankfurt, dass die jungen Leute alle wegziehen. Und das geht ja schon los, mein einer Enkelsohn, der hat, wo ich schon sagte, von meiner Tochter, der hat, der ist ja inzwischen auch fünfunddreißig, hat auch zwei Kinder. Also ich bin zweimal Uroma. Und der hat dort studiert und hat dann versucht Arbeit zu bekommen. In Frankfurt ist ja gar nichts möglich. Und Berlin ging auch nicht. Na, und dann ist er nach Bayern gezogen. Und seine Frau ist Physiotherapeutin, die hat dort… na, die kriegt Arbeit, nicht, die werden dringen gesucht. Und hat sich inzwischen dort eingelebt, aber weit weg von uns. Und von meinem ältesten Sohn, der hat auch zwei Söhne, der eine hat auch noch, der hat in Eberswalde studiert. War auch erst in München, ist aber jetzt in Berlin und macht sich auch selbständig. Aber ob das läuft, das sehe ich alles nicht so hundertprozentig. Mit dieser Computerarbeit. Er sagt, es ist alles gut und er hat da Aufträge, aber das Geld fließt nicht rein. Na, die müssen sich auch ganz schön durchkämpfen. Der ist inzwischen auch 32, nicht. Und mein jüngster Enkel, da ist auch wieder noch einer nach ihm, der ist 24. Der studiert noch, der studiert, na das ist so…Baufach, Bauingenieur, aber in Berlin. Kommt aber auch noch oft nach Hause. Ist in einer WG in Berlin. Ist ja nicht weit, Sie wissen das ja [ZU E. R.], fahren ja auch jeden Tag. Ja, das gefällt ihm ganz gut, hat nun auch schon sein Bacherlorabschluss und hat mit Master angefangen. Der hat auch ein Praktikum, wie Sie [ZU E. R.], nicht. Sie studieren ja dann auch. Aber ob die nach Frankfurt wiederkommen, das glaub ich nicht. Und man sieht’s ja, wenn ich mit der Straßenbahn fahre, die sitzt voller alter Leute oder Studenten. Wenig, wenig. Und ich weiß es nicht, ja. Jetzt, der neue Bürgermeister, und dann heißt das ja immer „Da ist die Solarfabrik“, dass dann einige zurückkommen. Aber wer erst andere Luft geschnuppert hat… Wobei Frankfurt ist keine hässliche Stadt, muss ich immer sagen. Jede Stadt am Fluss ist schön. Und viel Grün drumrum. Und die Wälder. Der Helene See. Das ist schon alles schön, aber es ist auch vieles im Argen. Im Nachhinein… wir haben immer gesagt, das Geld fehlt ja und [WEITER UNVERSTÄNDLICH]. Aber man stellt eben doch fest, es war höchste Zeit. Kaputt wirtschaftlich war die DDR schon, nicht. Die schönen, schönen alten Häuser, wie jetzt alles doch rekonstruiert ist und in Ordnung gebracht ist. Oder wenn ich heut hierher gefahren bin und mir die Dörfer ansehe.
Erste Berührungen mit dem Westen [59.36-01.02.19]
Oder als ich die erste Fahrt dann mitgemacht habe. Das war dann eine Werbefahrt [LACHT] Richtung Westen. Und hab‘ dann die hübschen Dörfer gesehen. Und Lüneburg, bin auch mal gewesen. Weil eine Cousine ist nämlich dorthin gezogen. Bei Lüneburg. Die hatten auch noch ein Geschäft. Inzwischen ist sie verstorben. Die hat in eine größere Bauernwirtschaft reingeheiratet. Lüneburg, ‘ne schöne Stadt. Oder Uelzen. Und alles, nicht. Da sind Sie…? [ZU E. R.] Und Uelzen, als ich noch immer noch in meiner großen Wohnung war, da kamen die dann…das ist, na ich weiß nicht, Vermietung, ob ich nicht ab und zu ein Zimmer vermieten konnte. Entweder für Studenten oder für die, die in Frankfurt zu tun haben. Hab‘ ich dann auch gemacht. Die sagten, ich muss nicht Angst haben, der muss sich ja dort melden erst. Nicht dass dann Menschen kommen, die man… wo man Angst haben müsste. Da muss ich sagen, da hab‘ ich auch ganz nette…Und da war ein Jahr lang einer, der hat beim Zoll, na nicht beim Zoll. Wie heißt denn das? Grenz…
E. R.: Bundesgrenzschutz.
R. N.: Bundesgrenzschutz gearbeitet. Der kam aus Uelzen. Und hatte noch so einen französischen Namen. Auch glaub, der hat noch erzählt, sein Vater war… Also der hat… Das war so interessant, wir haben uns immer beide unterhalten, wenn er kam abends. Und dann hat er immer gesagt, für ihn hat die Wende so viel Glück gebracht, er hätte den Stern nie bekommen, weil er Hilfe geleistet hatte. Und nachher hat er eine Guatemaltekin geheiratet, nach Guatemala. Eine bildhübsche süße Puppe, muss ich sagen. Die kam auch mal mit. Ja, und dann war das ja zu Ende, da ging er nach Uelzen zurück. Hat sich auch verloren dann. Ich weiß nicht dem [WEITER UNVERSTÄNDLICH], dann hat man schon mit den Kindern zu tun und so viel schreiben, das lohnt sich nicht. Aber, hab‘ nette Leute kennengelernt. Und haben auch zwei- oder dreimal Dozenten von der Uni dann bei mir übernachtet. Einmal war es eine aus Leningrad, die hat Russisch unterrichtet an der Uni. Ganz Flotte, so wie hier Frau, ich weiß immer den Namen noch nicht.
E. R.: Beata Halicka
R. N.: Ja, muss ich mir einprägen, Beata. Da haben Sie ja auch ‘ne ganz Nette, nicht [ZU E. R.]. Aber sie hat die Sache auch im Griff, nicht. Aber ich glaube, man kann auch mit jeder Frage zu ihr kommen, nicht. [STÖRUNG DURCH TÜRKLOPFEN UND EINTRITT EINES DRITTEN; UNTERBRECHUNG DES INTERVIEWS FÜR EINIGE MINUTEN]
Die Familie heute [01.02.19-01.06.49]
R. N.: Ja, und ich bleib in Frankfurt. Und so lange ich mich bewegen kann, bleib ich in meiner Wohnung. Und ansonsten, denke ich, helfen mir meine Kinder weiter. Und muss… schade nicht, wir hatten… Das hieß mal, Frankfurt/Oder sollte Großstadt werden. Da waren dann 84 Tsd. Einwohner. Und haben es dann nicht geschafft auf 100 Tsd., nicht. Und jetzt sind es nicht mal mehr 60 Tsd. Ja, und ich sage meine Kinder… ach so, die hatten nun beide die Armeelaufbahn beide aufgehört, dann beide nach der Wende [LACHT]. Dann sagt hier, mein Sohn hat gesagt: „Erst wird man erzogen ‚das ist unser größter Klassenfeind da drüben‘“, so war es ja auch, umgekehrt vielleicht auch, oder weiß nicht wie, „und nun, nun sollen wir auf einmal da sein. Irgendwie,“ sagt er „sind wir bestimmt immer abgestempelt. Wir haben ja nicht die Linie gehabt von Anfang an, die man eben hier in Westdeutschland hatte.“ Und so haben sie sich neue… Der älteste Sohn ist jetzt inzwischen Hausverwalter. Viele Westleute haben dann die schönen Häuser aufgekauft in Frankfurt und er verwaltet die dann, und verdient auch. Und seine Frau, also meine Schwiegertochter, die macht Wertermittler für Grundstücksfragen, und da hat sie ja auch erst viel zu tun gehabt. Also die Grundstücke müssen neu bewertet werden, wenn sie verkauft wurden. Also sie kommen gut zurecht. Kann man auch sagen. Wohnen da auch in der August-Bebel-Straße. Haben auch eine schöne Wohnung, auch ein Haus. Und der jüngste Sohn, der mich hergefahren hat, der ist nicht verheiratet. Ist aber nun als Nachkömmling inzwischen auch 47 Jahre alt [LACHT]. Und der machte Truppenführer beim Munitionsbergungsdienst. Hört sich nun ganz gefährlich an, aber die Arbeit, ihm liegt das. Und mir erklärt er immer, ich muss keine Angst haben, da kann eher ein Spaziergänger, der da durch den Wald geht, dem kann eher war passieren als einem der dort mit dem Detektor da, mit dem Geigerzähler, wie sie sagen, durch die Gegend geht. Aber er selber macht das nun nicht, nicht mehr, sondern hat dann so manchmal 50 bis 60 Leute und muss jedes kleine Bömbchen, was gefunden wird, muss ja notiert werden, und das macht er dann. Und ist…sind dann immer…ist so ein großer, na großer nicht, privater Munitionsbergungsdienst. Und dann kommen die Ausschreibungen… lange Zeit ist er dann in Niedersachsen… Das war schon ein Truppenübungsplatz zu Kaisers Zeiten, und dann ging es ja immer weiter, da liegt ewig Munition. An der Oder, nicht, wie wir heute schon gehört haben, die Kampfhandlungen an der Oder, da ist immer Munition noch. Oder man hört ganz viel von Oranienburg, nicht. Ständig finden sie… in DDR-Zeiten wurde sicher nicht so streng gehandhabt, wenn jemand ein Haus gebaut hat, da musste das nicht abgesucht werden, nicht. Und jetzt ist ja, wenn jemand baut, der darf ja gar nicht bauen, bevor das abgesucht ist. Und ist natürlich für so ein Bergungsdienst, bloß für so ein einzelnes Haus da abzusuchen, das lohnt sich bald nicht. Aber das wir dann auch gemacht, nicht. Ja, jetzt gerade an dem Tag, an dem er mich hierher gefahren hat, war er in Thüringen unten. Sagt er, ist auch ‘ne Ausschreibung. Findet vieles, vieles zu bürokratisch. Jeder muss dahin kommen und jeder, der das dann am preiswertesten und am besten machen kann, nicht. Ja, aber er hat sich eingearbeitet, nicht. Und kommt auch gut zurecht. Ist ja nicht verheiratet, lebt so sein Leben. Und kommt immer gern noch zur Mutter [LACHT]. Und verstehen wir uns alle gut. Ich sag auch immer so, dadurch hab ich ja auch Halt. Das ich merke, man kommt mit der Familie gut zurecht. Und es ist schon sehr, sehr wichtig, nicht, dass die Familie gut zusammenhält.
Die Bedeutung des Heimatverlusts [01.06.49-01.10.18]
Und das ich nun hierhergekommen bin, das war... Ich wäre ja viel besser vorbereitet, oder überhaupt vorbereitet, gewesen als wie mir das gerade eingefallen ist. Das ist die Cousine, die nun schon oft in dieses Dorf gefahren ist, hier in Pyrehne, ich muss… Pyrzany jetzt… die Verbindung dort. Sie wohnt in Berlin, in Brandenburg. Und ist schon sehr oft da gewesen. Während wir nur einmal nach der Wende da waren. Unser Haus in Fichtwerder ist abgebrannt. Und da hab ich, haben wir, kein großes Interesse mehr gehabt. Und ehrlich gesagt, meine Kinder auch nicht. Vielleicht… ich hab schon manchmal gedacht, vielleicht hab ich etwas falsch gemacht. Also wenn man dann erzählt hat, wie schlimm das alles war und was man erlebt hat, die haben nicht so einen großen Wert drauf gelegt. Vielleicht kommt es später noch, ich weiß es nicht. Und die ist ja nun schon oft hingefahren und kennt sich da aus, nicht. Und das man nun heute erfahren hat wie es den Menschen erging, die aus der Ukraine dorthin kamen, war ja auch nicht besser. War ja genauso schlimm. Manchmal bald noch schlimmer, nicht. Wenn man ihnen sagt, ihr werdet ermordet. Aber als wir da einmal, das war kurz nach der Wende, hingefahren bin, da kann man sagen dieses Dorf, na, wo sich Fuchs und Haase Tage Gute-Nacht sagen. So sah es aus. Und wie die dort…die hatten auch nichts wie die dahin kamen. Wie das da aussah. An sich waren unsere Dörfer sehr, sehr ordentlich und sehr schön. Wo der Bahnhof war, wo ich abgefahren bin zur Schule jeden Tag, das war so ein richtiges Beamtendorf. Da sind viele, viele aus dem Dorf jeden Tag nach Landsberg reingefahren zur Arbeit. Die hatten alle ihre hübschen Häuschen. Und alles super blitzesauber und schön. Wenn man dahin gekommen ist nun nachher… Ja, das bringt der Krieg mit sich. Auch die Stadt Landsberg. Schön. Landsberg, die freundliche Stadt, hieß es immer. Wunderschöne Parkanlagen, ganz gepflegt und herrlich. Ja, aber es ist ja für… für Polen ist es nun ein Zentrum geworden. Wir hatten früher 50 Tausend Einwohner und jetzt hat Landsberg 150 Tausend, Gorzov. Und eben auch viel gebaut. Natürlich hinterher findet man die alten Häuser nun schon schöner. Aber die Neubauten, bequem war es auch, nicht, die Wohnungen. Dass man warmes Wasser hatte und Bad und alles, nicht. Wenn man vorher alles verloren hat. Wir, ich kann bloß immer wieder sagen, ich freue mich, dass so viele junge Leute sich interessieren dafür, weil sie eigentlich diese Sachen nur aus dem Fernsehen und aus Büchern kennen. Und das man nun sagen kann, wir wünschen das keinem, was wir durchgemacht haben. Wir haben nun unsere neue Heimat gefunden und hätten auch nie mehr das Bedürfnis dahin zurückzugehen. Aber für Kinder, wenn man eine gute Kindheit hatte, ist eben diese Heimat was Besonderes, nicht. Und die war einfach weg. Muss man ja sagen, die in Westdeutschland, die nichts verloren haben, die wollten uns ja auch nicht. Da mussten die ja auch von ihrem abgeben.
Sozialismus – eine Stellungnahme [01.10.18-01.16.19]
Und man hat ja auch die Diskussion nach der Wende, nicht. Wie heißt das hier, Soli-Beitrag3. Warum sollen wir, die haben doch selber und die waren ja faul. Und diese Diskussion. Und das stimmt ja alles nicht. Man kann… die Gesellschaftsordnung, die bestimmt es. Man kann nicht…wo man eben hingeboren wird, sag ich mal, nicht. Und aufwächst und sich arrangieren muss. Im Westen ging es los mit dem Marshallplan. Und bei uns im Osten, da wurde zweimal das nochmal abgerissen. Das ging… die Reparaturen gingen alle nach Russland. Und wenn dann ein bisschen aufgebaut wurde, ja das wurde nochmal weggegeben. Und dadurch blieb das dann ja zurück. Und wenn nachher die Dörfer so im Argen waren… ja, wenn nichts da war, Baumaterial fehlte. Fleißig waren die Leute auch. Die mussten manchmal ja aus nichts etwas machen. Und immer aus primitiven Sachen. Ich denke ja… der Schwiegervater von meinem ältesten Sohn, der hatte immer das große Haus, der sagte „Ich hab ja nie Farbe gehabt das anzustreichen oder irgendwie ‘ne Leiste fehlte.“ Das war alles, alles schwierig. Ich finde jedenfalls… und ich bin überhaupt nicht so ein Mensch, der sagt, die taugen nichts und jene taugen nichts. Ich würde da nie verallgemeinern, weil es überall… es gibt da Böse und Gehässige, und es gibt da Liebe und Gute. Und ich komm mit jedem gut zurecht und kann mit dem diskutieren, auch wenn der eine andere Meinung hat als ich. Da müssen wir uns nicht schlagen und anbrüllen. Dann akzeptiere ich die. Und jeder… Und wir haben, als wir dann so dachten, jetzt wird das anders, und jetzt wird das eine andere Gesellschaftsordnung, der Sozialismus, die Menschen, es wird gerechter zugehen. Dann hat unser Vater zu uns immer gesagt „Glaubt mir, Geld regiert die Welt.“ [LACHT]. Er hat es ja nun anders erlebt. Und hat ja auch viel erreicht als Geschäftsmann, und viel schaffen können. Und nun war ja alles weg. Aber das…und jetzt sagen wir oft, wie in vielen Sachen, hatte er recht, nicht. Das ist so. Und so viel wie jetzt über Geld gesprochen wird, wo wir nun jetzt in dem reichen Deutschland sind, so viel haben wir nie über Geld geredet. Es ist schade, nicht. Es gibt so viel, viel wich…Geld ist wichtig, braucht man um gut leben zu können, aber es gibt doch ganz andere Werte auch, nicht. Dass man nicht immer nur ums Geld geht. Und ich freu mich immer wieder, dass ich jetzt reisen kann. Dass ich nach Marienbad fahren kann. Wunderschöne Stadt in Tschechien. Und auch zu…bei meinem Bruder war ich ja jetzt schon, Kalf. Und der ist ja nun noch ein Jahr älter und man weiß ja nicht wie lange das alles noch geht. Jetzt freuen wir uns immer nur noch, dass wir gesund sind einigermaßen. Letztens eine Glückwunschkarte zu meinem 84. Geburtstag…, dass die Kinder gut zurechtkommen, dass sie Arbeit haben, dass du ‘ne große Familie hast…Und was wollen wir mehr? Muss ich sagen, so ist es. Und schön ist es auch noch, in der DDR wurde ja der Lehrertag gefeiert am 12. Juni. Und immer der Sonnabend, nach dem Lehrertag in jedem Jahr, haben wir noch, von unserer Schule, Geschwister-Scholl-Schule hieß die, noch ein Treffen. Und diese Jahr auch wieder. Hab ich jetzt schon die Einladung zum 18. Juni. Und das ist auch schön. Irgendwie haben wir sehr, sehr zusammengehalten, die Kollegen untereinander. Vielleicht war es bedingt…Ich war ja dann schon die Älteste, weil ich ja dann in Rente ging nachher. Dann kamen die Jungen von der Schule und man war wie eine große Familie. Und dann wollten sie lernen, und vom Praktischen was ich hatte. Ich sag „Ich will auch lernen von Euch. Ihr habt ja so viel Neues da gelernt.“ Die Zeit hatte man sich so auszutauschen. Und es ist nicht mehr so, sagt meine Tochter. Die hat es ja auch noch so erlebt. Sie sagt, sie findet das auch wunderbar. Und was sehr schön war, dass, wo nach der Wende viel bessere Arbeitsmaterialien geschickt wurden. Die kamen. Und da sagte sie, wo die Kinder mit arbeiten konnten. Was wir uns vorher alles selber aufgemalt haben und so provisorisch anfertigen mussten. Das war schön. Aber dann ging’s schon los. Der eine hat gesagt…wenn‘ s um Überstunden… „Ich möchte die Überstunden da haben, dann verdiene ich ja ein bisschen dazu. Ich brauch das Geld. Ich bau mir ja ein Haus, ich habe Schulden“, „Nein, ich möchte diese Stunden. Ich bin ja allein erziehend“. Und so…irgendwie ist es nicht mehr so. Sie sagte „Mit den Kindern ist alles genau so wie vorher.“ Aber ändert sich auch ein bisschen was. Nun sind einige…manchmal sind ja die Mütter klüger als die Lehrer, die studiert haben. Und das spielt dann wieder eine Rolle, wenn die arbeitslos sind. Die eine hatte mal gesagt: „Meine Mutti schläft“. Das Kind kommt zu spät. Das sind Fälle, die dann gehäuft auftreten. Das ist, wenn das Umfeld nicht in Ordnung ist, dann fühlen sich die Eltern auch nicht so, dass sie ihre Kinder richtig unterstützen können. Jetzt hör ich auf. Jetzt erzählen Sie mir was. [ZU E. R.]
E. R.: Ja, wenn Sie noch können, wenn Sie mögen, würde ich jetzt noch gerne Fragen stellen.
R. N.: Ja, das können Sie.
Die Verwandschaft in Pyrehne (Pyrzane) [01.16.19-01.17.00]
E. R.: Ich würde gern wieder auf Ihre Kindheit zurückkommen. Sie sagten ja, sie sind weggezogen aus Pyrehne…
R. N.: Ja, und zwar nur zwei Kilometer weiter. Dadurch hat‘ ich ja noch die Verbindung nach Pyrehne. Weil meine Großeltern väterlicherseits und mütterlicherseits, die wohnten in Pyrehne. Und ich glaube, vier oder fünf Tanten mit Mann und Kind, also Cousinen. Hier, die Röschen, die wohnte da. Ihr Vater war der Bruder meines Vaters. Wir hatten viele Verwandtschaft.
Schulzeit in Fichtwerder und Landsberg [01.17.00-01.22.02]
Bloß ich bin dann nicht in Pyrehne zur Schule gegangen, sondern in Fichtwerder. Bin aber oft auch mit dem Fahrrad hingefahren nach Pyrehne. Aber sonst fand ich Pyrehne gar nicht so schön [LACHT]. Weil, obwohl wir die Verwandten besucht haben. Das war gut, das war das Treffen... Aber in Fichtwerder war die Warthe. Wir haben als Kinder viel dort, also jeden Tag im Sommer dort gebadet und hatten unser Umfeld in Fichtwerder. Und die entgegengesetzte Richtung von Fichtwerder ist dann Döllensradung. Und das ist die Bahnstation. Und in dem Moment als ich 10 Jahre alt war und zur Mittelschule kam, da hab ich dann wieder da meine Freunde gefunden, nicht. Auch eine Freundin, die dort die gleiche Fahrt hatte. Und hatte dann auch nicht mal zu meinen Dorf Fichtwerder mehr so, zu den Kindern, die Verbindung. Ich weiß noch, der Lehrer aus dem … der hat dann gesagt, sie werden doch ihre Tochter nicht so quälen und da zur Sch… ging schon mit meinem Bruder los. Der kam ja ein Jahr früher dort zur… denn das ist die größte Quälerei die Kinder jeden Tag so lange zur Schule zu schicken. Aber wir haben das nicht so empfunden. Man fährt dann in der Bahn, und dann hat man die Freunde um sich, noch mal Vokabeln gelernt, und zurück. Natürlich war ich erst wieder so um drei nachmittags zu Hause. Aber dann konnte ich für die Schule arbeiten, brauchte zu Hause nicht allzu viel zu helfen. Also, die Schulzeit, das war eine herrliche Zeit. Und auch die Kindheit. Na ja, meinen Eltern ging’s ja nun nicht schlecht. Die haben dann schon gut verdient durch den Handel nach Berlin. Und ich sag ja, wenn sie sich… Wir hatten noch ein Auto nachher… Das waren ja die wenigsten, die im Dorf ein Auto hatten schon. Aber sonst spielte sich auch alles schon auf unserem Hof ab. So bis zum zehnten Lebensjahr. Die Kinder kamen, dann haben wir gespielt und gebuddelt. Ja und die Eltern haben viel Arbeit gehabt, wenig Zeit für uns. Aber immer liebevoll. Also wir haben sehr, sehr, sehr gute Kindheit gehabt. Muss ich sagen. Und ich war ja dann…ich muss überlegen. Meine Schwester hier, die ist sieben Jahre jünger als ich, und die andere neun Jahre jünger. Haben sie auch erst gesagt… war nicht mehr geplant. Und da musste ich ja als Große die beiden immer noch mitbetreuen, nicht. Aber ging ja auch. Manchmal waren sie lästig [LACHT]. Aber das war denn schon schön, nicht.
E. R.: Wie heißen die beiden?
R. N.: Na, Helga Marsch, hier.
E. R.: Sie ist heute hier.
R. N.: Und die andere wohnt in Potsdam. Die heißt Rosemarie Schmeikerl. Die ist dann… die sind ja beide in Babelsberg zur Schule gegangen. Und da ausgeschult. Und dann bei meinen Eltern noch gelebt. Haben dann da in Babelsberg geheiratet. Und die jüngste Schwester wohnt heutzutage noch in Potsdam, in der Bilgertstraße. Ist natürlich auch Rentnerin, nicht. Ja, wir haben alle noch eine gute Verbindung. Und da haben wir so oft gesagt, alles haben wir mitgemacht, und vieles durch…, aber sie sind noch am Leben geblieben, nicht, lange Zeit. Unsre Eltern sind dann 1980 gestorben. Ja, 1980. Beide kurz hintereinander. Da waren sie 83 Jahre alt, nicht. 1897 da in Pyrehne geboren. Ja, der… ich mein, ich könnte noch ganz viel von Pyrehne erzählen. Die haben uns viel erzählt.
E. R.: Was haben sie Ihnen noch erzählt von Pyrehne?
R. N.: Also da haben wir immer gestaunt. Erst mal hatte ich gestaunt, dass sie auch noch diese Volksschule besucht hatten in Pyrehne. Bis zur achten Klasse, weiter ging das ja nicht. Und dann schon, wenn sie… bevor sie in die Schule gingen früh… da mussten sie Holzpantinen, die mussten geputzt werden und dann mussten sie oft vorher aufs Feld, weil sie in der Landwirtschaft dann… ihre Eltern hatten ihre Landwirtschaft, also meine Großeltern.
E. R.: Was mussten sie putzen?
R. N.: Das sind… Klotz sagt man dazu oder Holzpantinen. Also Schuhe haben sie nicht gehabt, Holzpantinen. Aber da war ja auch so Leder drüber. Und das müsste dann schön glänzend sein bevor sie in die Schule gehen. Und vorher aber auch schon die Arbeit erledigen. Bloß nach 8 Schuljahren beide fast fehlerfrei geschrieben. Möchte ich sagen. Was die so gelernt haben in der Schule. Da ist ja auch immer Klasse eins bis vier zusammen und fünf bis acht zusammen. Und dann, das klang ja heute auch an, zwei Onkel von mir, das sind die Brüder meiner Mutter, die haben ganz… waren ganz musikalisch und auch dort in dem Chor mitgesungen. Und haben Mandoline gespielt. Von sich auch gelernt, nicht. Das war alles geleitet durch die Kirche, nehme ich an.
Pfarrer Lent [01.22.02-01.24.04]
Und der Pfarrer Lent, der ist ja dann… Also ich hab die Geburtsurkunde… die Geburts- und Taufurkunde wurde noch unterschrieben von Pfarrer Lent 1927. Und das ist die Persönlichkeit in dem Ort gewesen. Und der hat ja auch vier…das war auch eigenartig…der hatte vier Kinder. Die jüngste Tochter, Ursula Lent, die stand vor einem Jahr in der Heimatzeitung. Die ist jetzt mit 94 Jahren, glaub ich, gestorben. Die hat im, irgendwo da im Schwarzwald jetzt gelebt, danach, nach der Wende. Aber ein Sohn von Pfarrer Lent war ein ganz erfolgreicher Nachtjäger bei der Armee, bei der, Nazis damals. Der hat auch das Landsberger Gymnasium besucht. Und wurde allen zum Vorbild hingestellt, nicht. War aber ein netter Mensch auch. Und der andere war ein Pfarrer. Und der ist öfter eingesperrt worden, weil er gegen die Nazis gesprochen hat. Meistens hat dann sein erfolgreicher Bruder ihn wieder aus dem Gefängnis geholt. Das war… Und der Pfarrer Lent, der hatte dann… wir wohnten in Fichtwerder Hopfenbruch gegenüber vom Friedhof. Und da hatte er die Beerdigungen durchgeführt. Das gehörte da noch zu Pyrehne dazu und Pfarrer Lent hatte dann die Leute beerdigt, wenn man verstarb. Und weil er nun meine Mutter kannte, und weil sie aus Pyrehne stammte, und in dem Haus gegenüber, und Platz hatten wir auch. Da kam er dann immer und hat sich bei uns umgezogen, weil er nicht die zwei Kilometer mit dem Fahrrad dann in dem schwarzen Talar so fahren wollte. Und für mich war er, als ich noch kleiner war, immer entscheidend, nach der Beerdigung hat er das noch angehabt und dann hat er sich hingesetzt auf die Veranda und hat bei uns eine Zigarre geraucht. Und die Asche viel ihm immer auf das [WEITER UNVERSTÄNDLICH|LACHT] rauf. Eben ‘ne richtige Persönlichkeit.
Die Eltern [01.24.04-01.25.26]
Und unsre Eltern haben erzählt in der Schule ging es dann ganz streng zu. Die wurden noch gesetzt dort nach erster, zweiter, dritter Klasse, nicht. Weil der, der Erste… und einmal sagte mein Vater, hat er ein Tintenfass umgekippt und dann wurde er gleich an die letzte Stelle verfrachtet. Ja, aber die haben auch, sonst eben auch geschwärmt von ihrer Kindheit, die wieder noch viel schwerer war als unsre. Und unser Vater war dann im ersten Weltkrieg schon Soldat als ganz junger Mensch, also 87, 97 geboren. 14 war er, 1914 war er dann 17 Jahre. Und ich glaube, 1916 wurde er eingezogen mit 19 Jahren. Und ist auch damals schon nach Frankreich gekommen in den Kämpfen und auch nach Russland. Und hat erzählt: „Weißt Du ihn Russland, da leben die alle auf dem großen Ofen noch“, nicht. Also irgendwie waren sie ja weiter zurück, zumindest an Stellen. Wenn ich denke, ein Freund von meinem ältesten Sohn, der hat in Moskau studiert und auch in Leningrad. Die haben gesagt, das ist so, hier hast du das aller Modernste in Moskau und dann gehst du um die Ecke und findest die Steinzeitmenschen noch. Und das ist bis heute so.
Überlegungen zur Sowjetunion [01.25.26-01.30.00]
Wir sind einmal nach Sotschi gereist mit meinem Mann. Und wunderwunderschön alles, herrlich. Aber eben auch um die Ecke noch sehr viel Armut. Und jetzt, nach der Sowjetunion, wo alles getrennt ist… Ich war noch in der Klasse, das war auch noch nett, da war ich schon Rentner. Mein Mann verstarb, das war im September, und Schüler aus der ehemaligen Klasse, die Zehnte-Klasse-Abschluss hatten, besuchten mich und fragten, sagten sie machen eine Abschlussfahrt nach Moskau und Minsk, ob ich mitkommen würde. Ich sag… konnte es gar nicht fassen. Meistens hat man die Lehrerin, die schon vier Jahre zurück lag vergessen. Und erst dacht‘ ich, kommen die jetzt kondolieren, weil mein Mann erst drei Monate tot war. Und hatte, wie gesagt, ich hab nicht einmal ‚nein‘ gesagt, ich habe ‚ja‘ gesagt. Für mich war das eine Ablenkung und ich war dann mit denen mit. Und war auch interessant. Und da muss ich sagen, die Schüler, das waren mehr Jungen in der Klasse als Mädchen, die hatten vor allen Dingen vor, wollten sie sich für ihr Moped Helme kaufen, damit sie Moped fahren können. Da waren sie erst mal in Moskau enttäuscht, dass sie keine Helme kriegten. Dann haben sie auch, die waren schon nicht mehr hier „Sowjetunion, die Große“ und „Ach wie sieht das denn hier aus“ und „Hier ist ja schmutzig“ und „Die Aut…“. Die waren schon, die Kinder von den Ingenieuren, was anderes gewöhnt. Aber in Minsk kriegten sie dann ihre Helme. So, dann war erst mal alles gut. Und da haben wir ganz interessante Gespräche geführt mit dem Dolmetscher über Gorbatschow, nicht. Gorbatschow war ja nun der große Mann hier in Deutschland. Und er hat dann… der Dolmetscher sagte… -Minsk ist ja Weißrussland, nicht, die Hauptstadt- der sagte: „Für uns ist es Gorbatschow nicht. Wir leben ja jetzt viel schlechter als vorher. Es geht alles auseinander. Und das einzige, was man ihm zugutehält, ist das, der Krieg in Afghanistan, dass er den… dass er dafür war, das er beendet wurde.“ Also, das ist… Und zum Teil hört man das heute noch. Weil, ich kann mir vorstellen, in so einem Riesenland, die waren jetzt gewöhnt, da Anleitung, alles wurde zentral geregelt, wenn das auseinanderfällt, da kommen die nicht zurecht. Das ist ja hier bei uns zum Teil so gewesen. Alles wurde immer schön gelenkt, jeder hatte seine Arbeit, jeder bekam einen Krippenplatz, keiner…, wenn einer ins Haus einzog, die Miete, das wurde geregelt, wenn was erhöht wurde, das war…wurde für alle getan. Und nun hieß es, jeder muss sich ja jetzt selber kümmern. Und das viel uns in der kleinen DDR schwer. Da kann ich mir vorstellen, in dem Riesenland, und das dann so, vorher auch, dass da so, auch so, so Zwiespältigkeiten zwischen Weißrussland, oder Belorussland, und Ukraine, und den Russen, und erst recht da Kasachstan. Das konnte ich… habe ich vorher nicht gewusst. Das hat man ja erst so erfahren. Und dass das immer so, so weit durch die Jahrzehnte und die Jahrhunderte reicht, das sieht man auf dem Balkan genauso. Wir haben nur dann gelernt wie… Jugoslawien wurde vereint, Dimitrov nicht, Dimitrov. Der hatte… da war so [WEITER UNVERSTÄNDLICH]. Und da dachte man, die vertragen sich, das ist alles gut und schön. Und trotzdem wollten die nachher wieder lieber für sich sein. Und schaffen es ja nicht. Und ich denke, gerade in der ehemaligen Sowjetunion, da waren ja die stärkeren Länder dann Russland und die Ukraine, die wirtschaftlich stärker waren. Und auch die Baltenländer. Und die da unten, da alle, die ich alle gar nicht mit dem Namen kenne, die kommen nicht allein zurecht. Deshalb sind da auch immer wieder diese großen Ärgernisse. So sag ich das dann in meinem Rentnerverständnis [LACHT]. Sag ich jetzt mal. Aber da muss es so viele schlaue Leute geben, die das besser wissen als ich, nicht.
Einstellung zu Russen in der Zeit des Nationalsozialismus und erste Begegnungen [01.30.00-01.32.27]
E. R.: Sie hatten ja gesagt, Sie sind nach Russland gefahren oder in die UdSSR, hatten aber vorhin erzählt, das war in dem Gruppeninterview noch, ich glaube, vorhin auch erwähnt, dass Sie, na ja, dass man Ihnen in der Kindheit gesagt hat: „Die Russen, von denen sollte man Angst haben.“
R. N.: Ja, das haben wir in der Schule gelernt. Das war noch zu der Zeit des Faschismus, also vor 45.
E. R.: Ja, ja.
R. N.: Das wurde…richtig. Wir hatten eine Geschichtslehrerin gehabt, die so „Die Deutschen,“ nicht, „die Reinrassigen, die Blauäugigen, die Großen“. Und sogar, wenn man, wie hat sie gesagt, wenn sie in Landsberg auf dem Bürgersteig geht und so ein Gefangener kommt ihr entgegen und macht nicht Platz, also den würde sie wegstoßen. Und da hieß es schon immer: „Die Russen, die Untermenschen, die zurück sind“, nicht. Also wurden schon so hingestellt als minderwertig, ja.
E. R.: Wie war das dann für Sie als die ersten Russen dann wirklich kamen?
R. N.: Na dann war ich… Angst nicht alleine…Wir haben Angst gehabt, nicht. Und als Mädchen, ich als junges Mädchen, vor allen Dingen vor Vergewaltigung. Das man sich verstecken musste. Aber man konnte feststellen, dass sie eben ganz, ganz lieb zu den Kindern waren. Aber Vergewaltigungen haben schon stattgefunden. Und meine Tante, die wohnten in so einem komischen Haus in Lanz, und da war so eine Falltür noch. Wissen Sie? [ZU E. R.] Und die wurde so hoch gehoben und da hatten die irgendwie Kohlen drin. Und ich bin dann dorthin gegangen, weil in dem Haus, wo wir wohnten, da war auch Trubel. Und da haben wir da ein paar Nächte geschlafen. Und dann war in dem Ort, war große Verbrüderung. Da kamen die Engländer über die Elbe und standen mit ‘ner Fähre da noch in Schnackenburg, oder wie der Ort hieß. Und dann fuhren die mit der Kutsche durch das Dorf, Lanz, und großen Sieg gefeiert. Und dann hieß es immer „Es geht… es wird schon noch weitergehen.“, nicht, so ungefähr, „Das wird nicht so bleiben. Die Grenze wird noch nicht so kommen“, nicht. Man wusste ja nicht richtig wie es ist. Aber wir waren ja die… die Deutschen waren die, die verloren hatten.
Lebensalltag im Nationalsozialismus [01.32.27-01.37.50]
Und in der Schule, ja ich weiß auch nicht, wir mussten dann mal einen Aufsatz schreiben „Warum braucht Deutschland Kolonien“. [LACHT] Das vergess‘ ich nicht. Ich hab da ‘ne vier gekriegt. Weil ich das nicht begriffen hab, warum nun Deutschland Kolonien braucht. Und da hat der Lehrer direkt zu uns gesagt: „Da könnt ihr eure Eltern befragen.“ Und mein Vater, der hat sich…der hat gesagt: „Ich weiß das nicht.“ Also das war schon, war schon ganz gelinkt. Und hatte aber ganz, ganz nette Lehrerinnen: Die Englischlehrerin, und die…also auch ganz… da hat man das nicht durchgemerkt. Es war genau der Fahnenappell und dann natürlich mit Fahnenhissung und einer die Hand hochhalten, da so stehend. Aber, und das war ja… wir sind da schon so gewesen als wir uns abends am Bahnhof trafen, und dann nach Landsberg zur Schule zu fahren. Heute sagt man „Guten Morgen“, „Hallo“, „Hallo“, sagt man. Ja und hier: „Heil, wie geht’s.“ Es war ja drin, da hat man sich überhaupt nichts bei gedacht. Wir haben nie gesagt „Heil Hitler“, aber „Heil Trautchen“. Blödsinnig, nicht. Da denkt man später drüber nach, aber, weiß ich auch nicht. Man hat…aufsässig, man konnte ja auch nicht aufsässig sein. Es ist ja viel passiert, nicht. Mein Schwiegervater, der nun in Berlin wohnte und diese linke Einstellung hatte. Der hat dann erzählt, wie in Berlin die Kommunistenverfolgung… Mein Vater hat gemerkt, als er in der Halle dort verkauft hat in Berlin, den Stand hatte, der hatte auch etliche Kunden, die Juden waren, und dann ging es ja im Krieg los, dass man auf Marken eingekauft hat, man hat ja nur so und so viel bekommen. Und die Juden, die hatten auch immer auf diesen Marken, da musste ein Stempel rauf, das die zu erkennen waren. Oder diese Gemeinheit, dass sie diesen… Und in meiner Klasse war eine Jüdin, Margot, Margot, und die ist kurz bevor dieser Judentempel ausbrannte und die Pogromnacht war, sind die Eltern mit ihr noch ausgewandert, nach Schweden. Die war dann weg. Haben wir nichts mehr von ihr gehört.
E. R.: 38?
R. N.: Ja, 38 war das. Ja. Und da hat man vorher… ich hab vorher nicht gewusst, dass sie Jüdin ist. Wir waren in der Klasse 24 Mädchen. Ne nette, hübsche. Und da…irgendwie sieht man, befasst man sich als Kind da nicht. Und das war dann nicht so, wenn da Jungmädchennachmittag hieß, dann haben wir uns getroffen, dann haben wir mal gehäkelt oder mal gestrickt, mal sind wir gewandert, mal sind wir rodeln gegangen. Das war auch nicht so, dass man da merkte, jetzt tun wir was für Hitler. Und viele Leute sind ja eben durch die Arbeit… dass die 33 die Arbeitslosen, hat mein Vater erzählt, wenn er im Auto nach Berlin fuhr, nachher, so in den Jahren 31, da sind ja hier gerade Müncheberg, sind Überfälle gewesen. Die wussten genau, jetzt kommen Geschäftsleute aus Berlin zurück. Dann lagen Baumstämme über der Straße und da wollten sie eben Geld kassieren bei denen. Da sagte… der hatte immer aufm Fahrsitz hier einen Browning liegen zum Schutz. Und in Wirklichkeit…
E. R.: Brauner?
R. N.: Na wie heißt das? Browning oder Browning. So ‘ne kleine Waffe.
E. R.: Eine Pistole?
R. N.: Ja, so eine kleine Pistole, ja. Das war aber dann erlaub, nicht. Und die…hat aber nie geschossen, nicht. Bloß immer zum eigenen Schutz. Und diese Leute, das waren ja nicht alles Verbrecher, das waren welche, die auch keine Arbeit hatten, zum Teil, gehungert haben. Und die haben, dass dann begrüßt. „Jetzt gibt’s Arbeit“, nicht „Jetzt sind wir von der Straße. Jetzt können wir unsre Familie ernähren.“ Kann ich mir vorstellen. Und so sind die ihm viele hinterher gelaufen auch nachher. Bloß begriffen hat man das überhaupt nicht. Haben wir uns immer wieder gefragt, wie die Deutschen so immer schreien konnten. Da, Goebbels wollte ja den totalen Krieg. Berlin, diese, diese Massenpsychose, nicht. Das, das versteht man nicht. Versteh ich heute auch noch nicht wie das geht. Der Mensch ist doch vielleicht ein Herdentier. Dass er sich dann so, so einlullen lässt. Und hat sich auch keiner getraut. Dann hieß es, dann kommt man ins KZ, wer dann irgendwas dagegen sagt. Und mein Vater sagte, der hatte einen Bekannten, der war, war wohl dort, er hat nie drüber gesprochen. Nie ein Wort, nicht, weil er Angst hatte, wenn er ein Ton sagt, dass vielleicht wieder was passiert. Aber es war… bloß wir haben das als Kinder nicht gemerkt. Für uns begann eigentlich die schlimmere Zeit als der Krieg zu Ende war. Das war die schlimmste Zeit, als wir jetzt vertrieben wurden von Zuhause. Vorher, auf dem Lande, wir hatten Hühner, wir hatten auch ‘ne Kuh, wir hatten auch Butter verkauft. Also da war nie Mangel.
Leben und Arbeiten im Landkreis Landsberg (Warthe) [01.37.50-01.44.56]
E. R.: Was hatten Sie noch für Tiere?
R. N.: Auf dem Hof? Ein Pferd. Aber das war eigentlich nur. Also ich muss so sagen, wenn er jetzt durch die Dörfer gefahren ist in dem Warthebruch, in dem Planwagen, da war unter direkt das so eingerichtet, dass Hühner reingesperrt werden konnten, mit Gitter vor. Und dann wurde bei uns Zuhause wurden die Hühner geschlachtet. Da kamen zwei/drei Frauen aus dem Dorf, die mussten rupfen. Da wurden ganz frisch gleich dann am nächsten Tag nach Berlin geliefert. Das wurde da verkauft. Und sonst hatten wir Zuhause noch auf dem Hof einen Hund, ‘ne Katze, nicht [LACHT], das Übliche, ja. Aber nicht zum…irgendwie, um davon zu leben. Bei uns war eben der Handel, der das brachte. Ja.
E. R.: Butter, Eier…
R. N.: Butter, Eier, ja. Und mein Bruder und ich… mein Vater, der konnte dann nicht mehr so, wir mussten dann auch schon manchmal mit. Da ist man dann auf dem Damm, oder Wall, von der Warthe entlang gefahren. Und diese großen Bauernwirtschaften, es ging immer vom Damm runter, so rein. Da kam man dann hin, hab ich auch ein paar Mal mitgemacht. Und dann die Eier aufgekauft. ‘Ne Zeit lang wurden sie dann nicht stückweise gekauft, sondern mussten sie in so ‘ner Waage abgewogen werden. Und dann hoch wieder zum Wagen, der auf dem Wall weiterfuhr. Dann wurden die Eier ausgepackt und so ging es weiter. Butter, Eier. Und nachher wurde dort in der Nähe schon eine Molkerei gebaut, dann wurde das schon wieder verändert. Wir hatten eine Zeit lang sogar Äpfel, so was noch mitgenommen, nicht Äpfel. Und bei uns lag immer, in der Scheune, ein Berg voll Äpfel [LACHT]. Also das war immer schon ‘ne große Wirtschaft, nicht. Ja.
E. R.: Können Sie sich noch an Ihr Haus erinnern?
R. N.: Ja. Schade, ich hätte Ihnen ein Foto mitbringen können. War ein schönes Haus. Das hatte ja…mein Vater sagte, er hat sich 500 Mark, das waren dann Reichsmark, in den 20er Jahren von seinen Eltern geliehen. Und das…wie gesagt, 23 haben sie geheiratet und dann sind sie auch weg. Das werden wir…kleine Häuschen, da bin ich gespannt, wo ich geboren bin, das muss ja noch stehen, da in Pyrehne. Sagt Röschen jedenfalls. Und das haben sie dann sich genommen als verheiratetes Ehepaar. Und wir sind dann…mein Bruder ist dann 26 geboren, ich 27. Und da hatten sie noch Schulden. Und dann haben sie das Haus in Hopfenburch, was zu Fichtwerder gehört, gekauft. Und das ist ein Dreifamilienhaus gewesen. Da haben drei Familien drin gewohnt als sie es gekauft haben. Aber wo sie noch Schulden hatten, sicher, unten wohnten dann zwei Familien, und oben eine, war ja früher unten auch noch ‘ne Küche. Ich hab’s nachher dann nur noch so erlebt, dass wir allein drin wohnten. Da wurde die Küche unten rausgerissen und große Zimmer gemacht. Das war schon ein schönes Haus. Da hatten wir dann unten ein ganz großes Zimmer, ich hab gesagt, war die „kalte Pracht“ [LACHT], wo wir nur sonntags reingingen. Und drei Zimmer: Schlafzimmer, Wohnzimmer, Arbeitszimmer für meinen Vater. Und wir Kinder haben oben Zimmer gehabt dann und nachher im Krieg kam dann ein Ehepaar aus Berlin, die evakuiert waren, die vor den Bomben geflüchtet waren. Die haben dann da noch gewohnt.
E. R.: Waren sie dann immer noch drei Familien?
R. N.: Nein, nein. Wir waren dann nur noch allein, nach dem sicher das Geld schon gereicht hat, das Haus war ja dann schon schuldenfrei, also muss mein Vater gut verdient haben durch den Handel. Und ich kann mich an die Familien nicht mehr erinnern. Ich weiß bloß, dass wo wir das große Zimmer nachher hatten, da war vorher noch ‘ne Küche und ein kleines Zimmer, was dann alles rausgerissen wurde und schöner gemacht wurde. Auch Veranda und an der anderen Seite auch noch eine Veranda. Also, das war schon ein schönes Haus, nicht.
E. R.: Und die anderen sind dann weggezogen oder haben sich…?
R. N.: Die sind dann weggezogen, sicher. Und in dem Dorf, war auch so Fischerdorf, Fichtwerder an der Warthe, so haben sie ihren Unterhalt verdient meistens. War kein Gutsdorf, nicht. Manchmal sind ja große Güter in der Landwirtschaft. Das waren Arbeiter, die an der Warthe irgendwie beschäftigt waren. Ja wo die dann hingezogen sind, das weiß ich nicht. Und die Nachbarn, das waren alles ziemlich arme Leute. Und einer, neben uns direkt wohnte der Doktor, na der hatte ein ganz tolles Haus gehabt, ein Arzt, nicht. Und der, Dr. Seifert… Wir waren nachher auch privatversichert, wenn nachher irgendwas war, der kam immer. Und mein Vater, hat ja auch Wild aufgekauft, also Rehe, und ging auch selber dann in Pyrehne zur Jagd. Hat dann Rehfleisch… Und der Doktor, die wollten immer Wildfleisch haben und das dann gekauft bei uns. Und die hatten auch zwei Töchter. Und, er, glaub ich gar nicht, aber die Frau Doktor, die ja selber nicht Doktor war, nicht [LACHT], die war, glaub ich, ganz schön naziangehaucht. Denn ich weiß dann von uns ging jemand und brachte das hin zu Dr. Seifert, Fleisch, und da ist dann die Gisela da, das war die Tochter, die muss so 4/5 Jahre älter gewesen sein als… „Ach Sie meinen Frau Hauptmann“, die hatte dann einen Hauptmann geheiratet, [LACHT] nicht. Da durfte sie dann nicht mehr… also die waren ein bisschen schon… Aber zu uns waren sie nett. Wir hatten wenig mit denen zu tun. Und wie so ein Landarzt war er. Er ist dann viel unterwegs gewesen, hatte auch viel zu tun, saßen auch viele Patienten. Dann war noch so ein einzelnes Haus daneben und dann eben kleine ärmliche Häuser. Und das… Waren Sie schon mal da, in Pyrehne? [ZU E. R.]
E. R.: Nein. Das wird jetzt das erste Mal.
R. N.: Dorf Pyrehne ist gegen Fichtwerder und gegen diese Bahnstation, na es ist eben so ein richtiges Bauerndorf noch gewesen. Und jetzt, kann ich mir vorstellen, ist es eine richtige Einöde, so. Das da…wenn keine Arbeit ist, nichts verdienen können, was soll denn da sein? Und dieses andere Dorf, Döllensradung, das ist ein richtiges tolles Beamtendorf gewesen. Und auch Bauleiter, und was nicht alles. Und viele, die in Landsberg an der Bahn gearbeitet haben, also als Bahnbeamter, kleine Bahnangestellte. Die täglich auch diese Strecke gefahren sind und da ihr Geld verdient… Und fast viele sich ein kleines Häuschen bauten konnten. Ja.
Besuch der alten Heimat [01.44.56-01.47.03]
Und ich bin ja einmal…von Frankfurt aus fuhr ein Bus, da hieß es zum Safaripark. Der Safaripark, der ist da bei Döllensradung, also so heißt die Bahnstation. Und da hab ich dann noch Bekannte gefragt: „Sagt mal, da würde ich mal mitfahren.“ Ist ja nur eine Tagesfahrt und es ist nicht weit von Frankfurt dorthin. Und da haben sie wirklich, das ist ein Riesengelände und auch Hopfenbruch, wo wir noch waren, das gehörte noch dazu. Zog sich ran bis Döllensradung. Und der hat uns erklärt, da hat eigentlich einer, na, ob es nun ein Tierarzt war, weiß ich nicht, der kranke Tiere aufnehmen wollte und pflegen wollte, dass sie wieder in Ordnung sind. Und das hat sich so entwickelt. Und als ich da war, mag jetzt 10 Jahre…es wird bestimmt länger her, da haben die exotische Tiere, es ist jetzt ein richtiger Safaripark. Da waren Kamele, da war alles, auch ein Vergnügungspark für Kinder, da war eine Menge Betrieb. Da dachte ich, das ist ja nun bisschen Abwechslung da.
E. R.: Sieht auch ganz anders aus als früher jetzt.
R. N.: Ja, ich hab… muss jetzt überlegen. Als wir das letzte Mal hingefahren sind, mit meinem Bruder, der kam dann mit seinem Mercedesauto, mit dem großen alten aber noch. Und wir haben ja bloß die Trabbis gehabt. Den Trabbi, den Stinker, oder dann nachher noch einen Wartburg. Da sagte er, jetzt fahren wir in Küstrin: „Jetzt kommen wir auf die Bundesstraße 1, die durch ganz Deutschland führt. Bis Posen und… “. Und der war erst geschockt: „Was, das ist die Bundesstraße 1?“. Die kam ihm ja nun viel schmaler vor. Ja damals war es „Die Bundesstraße“ und jetzt nach dem ja nun Westdeutschland alles schon die breiten Straßen und die Autobahnen, da wirkte die Bundesstraße 1 wie so ein Fahrrad-, wie so ein Weg.
Der Bruder Kalf II. [01.47.03-01.48.56]
E. R.: Ach, er war seit dem Krieg nicht mehr da gewesen?
R. N.: Nein. Der ist in Westdeutschland geblieben. Der kam aus englischer Gefangenschaft, hat in Stuttgart da sein Beruf, weil er da… er wär‘ ja gar nicht entlassen worden, aus der englischen Gefangenschaft, weil er nicht wusste, wo seine Eltern sind. Wir hatten ja noch keine Verbindung. Und dann hatte aber ein Kumpel von ihm gesagt, der wohnt da im Rheinland, und hat gesagt „Du kannst meine Adresse angeben, dann wirst Du dorthin entlassen.“ Und so wurde er dort nach… ich weiß nicht, nicht gleich Kalf, irgendwo anders erst. Zog dorthin, hat dann auch beim Bauern erst gearbeitet kurze Zeit. Da konnte er da in Kalf seine Lehre aufnehmen. Aber nicht mehr im Lebensmittelkauf, wie er nun angefangen hatte zu lernen, sondern großem Textilkauf, Wolldeckenfirmen. Und da hatte er dann zu Ende gelernt und nachher war er da wohl Disponent. Und ist eben dort geblieben. Hat uns dann einmal, da war ich auch noch in Babelsberg, hat uns besucht. Und wäre natürlich auch gerne hierhergekommen. Wie hat er uns vorgelesen da... „Jetzt kommt unser Martin Pagel, dass er aus Potsdam ist, ist schade“, nicht. Die Preußen sind ja da unten verpönt [LACHT]. Aber er hat sich eingelebt. Hatte noch Sport… und hatte noch schön. Hat ein ganz, ganz tolles Haus da. Und seine Kinder sind… seine Tochter studiert…sind auch in Amerika gewesen. Eben diese andere Richtung. Ich sag, wie das Schicksal so spielt. Bloß wir konnten keine Verbindung haben. Unsre Eltern, na unsre Eltern sind dann zweimal, konnten sie hinreisen. Aber wir ja nicht, weil mein Mann Polizist war, nicht. Er durfte nicht in den Westen reisen.
Sozialismus und Kommunismus in der Theorie und Praxis [01.48.56-01.51.27]
Also heute weiß ich auch, einsperren und absperren wird man nie was erreichen damit. Und auch, wenn man diskutiert hat mit den Ingenieuren nachher in der Schule, mit den Eltern, alle haben immer gesagt „Wir wollen ja bloß nach dem Westen fahren“. Aber einige hatten dann auch so Verbindungen und konnten, wenn ein besonderer Anlass war, ein Todesfall, durften sie hinfahren. „Wir wollen ja bloß mal dahin fahren und uns das ansehen. Wir kommen alle wieder.“ Weiß ich nicht. Und bei uns hieß es immer, viele die studiert haben, das kostet ja Geld…der Staat hat ja viel dazu gegeben, es war ja großzügig, viel zu großzügig. Und wenn sie zu Ende studiert hatten, sind sie nach dem Westen gegangen. Also immer wieder was Schaden gebracht hat für die DDR. Aber das alleinige war es ja auch nicht. Bloß weiß man nicht, was man, da hat es ja noch kein Vorbild gegeben. Wo ist denn der Sozialismus aufgebaut worden? Auf dem Papier ist ja alles wunderwunderschön, was Besseres kann es gar nicht geben. Aber die Menschen sind so, ist meine Meinung. Das geht nicht. Schon allein wenn man… Letztens hat ich… ich hab ein Buch gelesen, über Distel4 jetzt. Der Unterschied zwischen Kommunismus und Christentum, ist ja auch kein großer Schritt, wurde dann gesagt, nicht. Aber Kommunismus… zu uns, in der Lehrerausbildung, in Potsdam da, gleich 46, ein russischer Offizier hat uns [LACHT], wollte uns dann erklären, Kommunismus heißt, es arbeitet jeder nach seinen Fähigkeiten und bezahlt wird er nach seinen Bedürfnissen. So. Sozialismus, da wird man bezahlt nach den Leistungen und der Kommunismus ist nun die höhere Stufe, nach den Bedürfnissen. Und dann ging die Diskussion los: „Das gibt’s nie, das gibt’s nie. Der will ein Auto, ich will ein Auto. Die will ein Pelz…“ Diese Diskussion. Das geht nicht. Da muss alles vorhanden sein. Da muss so ein Bewusstsein sein, dass jeder, der eine sagt, ich will das… und erst mal muss ein Riesenreichtum vorhanden sein. Also es geht wirklich nicht in der Praxis zu verwirklichen. Das glaub ich nicht. Aber von der Idee her ist es eine gute Sache, nicht.
Einstellung zur Religion und religiöses Leben in Fichtenberg und der DDR [01.51.27-02.03.05]
E. R.: Sie hatten gerade gesagt, dass der Kommunismus ähnlich sei wie eine Religion. Wie sah es bei Ihnen aus? Wurde die Religion gelebt? Also, sie waren evangelisch, wenn ich das richtig verstanden habe.
R. N.: Ja, ich war schon…also bin Atheist. In keiner Religion. Aber getauft bin ich evangelisch noch. Und hab auch noch kirchlich geheiratet. Aber später bin ich dann aus der Kirche ausgetreten. Das sind aber bei uns sehr viele, nicht, das war so.
E. R.: Aber damals noch in Fürstenberg, Fürsten…
R. N.: Fichten…Fichtenberg.
E. R.: Fichtenberg.
R. N.: Ja, da war ich noch evangelisch. Ich bin in der Mittelschule auch noch, bin auch noch konfirmiert, auch noch kirchlich. Bin auch noch kirchlich getraut mit meinem Mann. Und bin in der Kirche von Landsberg, jetzt Gorzów… Waren Sie schon mal in Landsberg? [ZU E. R.; DIESE NICKT VERNEINEND] Auch noch nicht, nee. Da ist ja auch die ganz große Kirche, der Mariendom, war aber auch eine evangelische Kirche. Und jetzt ist sie auch… jetzt sagen sie, ist sie katholisch, und nennen sie es auch Mariendom. Und dort bin ich konfirmiert, hieß es bei Evangelischen. Und da hatte ich auch erst ein Prüfungsjahr, dann wurden wir geprüft. Und dann wurden wir konfirmiert mit 14 Jahren. Und…
E. R.: Was heißt das „Prüfungsjahr“?
R. N.: Na, ob wir würdig sind. Ob wir die zehn Gebote kennen und ob wir das Vaterunser kennen. Und der Pfarrer, das war ein Pfarrer, der hat sich sehr gut noch 1945, in Landsberg soll er sich noch eingesetzt haben für die Leute, die dann vertrieben wurden und misshandelt wurden. Stand in der Heimatzeitung. Da hab ich das gelesen, ich hab ihn nicht mehr gesehen. Ja, wir mussten noch ziemlich viel auswendig lernen, aus der Bibel noch. Und das fand statt meistens vorm Unterricht. Also war nicht mehr drin, in der Mittelschule, in den Unterricht eingebaut, außerhalb des Unterrichts in der Zeit.
E. R.: Jeden Tag, oder wie oft haben sie sich getroffen?
R. N.: Nicht jeden Tag, einmal in der Woche. Und nach dem Jahr, dann weiß ich nicht, dann gab’s für die Prüfung, gab’s ein Kleid mit 14 Jahren, ein weinrotes. Und für die Konfirmation, haben wir in der großen Kirche noch gekniet vorne [KLINGELN DES TELEFONS]. Und dann wurden wir… bekommt man da dann ein schwarzes Kleid, mit weißem Kragen da so. und dann hat man auch das erste Mal das Abendmahl bekommen. Na und mit meinem Mann, wir haben dann soviel auch erlebt, dass wir auch sagten, na mit Gott und dem Allem, dass wir uns so gelöst haben von der Kirche.
E. R.: Warum?
R. N.: Ja, weil man das Gefühl hatte, das wir dadurch auch keinen Schutz und keinen Trost finden konnten. Manchmal, hab ich gesagt, ist ja gut, gerade mit einem hab ich immer diskutiert, der bei mir übernachtet hat, aus Hamburg jemand, wenn man so glauben kann…man kann glauben, glauben heißt nicht wissen…Glauben hat mitunter mehr Trost oder Schutz, oder gibt einem vielleicht auch Kraft. Ist vielleicht unsre Erziehung auch, durch diese sozialistische Sache, dass man eben, wo gibt’s denn den Gott, nicht. In uns. Und da musst ich mal…mein jüngster Sohn hatte…war mit einem Pfarrers Sohn in der Klasse. Und die kamen dann, der kam zum Geburtstag zu uns, wenn mein Sohn Geburtstag hatte, und dann wurde diskutiert. Als gerade, als Jurij Gagarin da hochging, da wussten… aber der Gott…die waren 6/7 Jahre alt, nicht. Und Micha, Micha hieß der Sohn vom Pfarrer, Micha sagt, na, ja Gott [WEITER UNVERSTÄNDLICH] und die anderen die so zusammen sind: „Na, wo ist der nun?“. Die wollen es körperlich sehen. „Gott ist in uns und über uns und überall“ hat Micha gesagt. Na da haben sie gesagt…ich werde…bloß ich sag das jetzt so, wie die Kinder das gedacht haben. Und zuletzt hat Micha gesagt: „Ihr seid alle doof.“ [LACHT]. Da hat er sie so auch nicht überzeugen können. Ja die sind…die Eltern von dem wohnen noch…und der ist jetzt auch 48 Jahre alt. Der war neulich zum Empfang beim Bundespräsidenten, der Micha. Und der macht so…ist aber nicht Pfarrer geworden. Macht aber irgendwie so soziale Schicht. Ist aber auch nicht Soldat geworden in der DDR-Zeit. Der hat dann so, Spartensoldat haben sie bei uns gesagt. Aber ein netter Kerl gewesen. Haben sie auch verstanden. Aber er durfte nicht Pionier werden. Das hat die Mutter verboten. Ich weiß noch…mein Sohn hat…wenn Pioniernachmittag, dann war Fasching oder was, dann sagte immer „Ich muss noch zu Micha, Pfannkuchen bringen. Der war heute nicht da.“ [LACHT] Also ausgeschlossen wurden sie auch nicht. Aber eins stand fest, an der Schule, an der auch ich war, da hat auch jemand ein Buch geschrieben, eine sehr, sehr strenggläubig waren, da muss ich aber überlegen, ob die katholisch waren oder evangelisch, und hatten an unsrer Schule zwei Töchter und einen Sohn. Und das waren an der Schule eigentlich so mit die klügsten Kinder überhaupt.
E. R.: In Ihrem Heimatdorf?
R. N.: Nein, das war schon in Frankfurt.
E. R.: Ah, ja.
R. N.: Das war schon, wo ich hier Lehrer war. Und da war dann…als die…die wollten natürlich studieren, nicht, als die dann…Erst mal ist ja bei uns viel mehr ausgesucht worden. Abitur sollte nur derjenige machen, der wirklich studieren will. Und zur EOS, so hieß die Erweiterte Oberschule, wo man Abitur machen konnte, wurden nur von einigen Schulen Schüler delegiert. Und immer nur die Besten, nicht. Zwei…da waren so 10/12 Schulen in Frankfurt, und immer so von jeder Schule zwei, so dass zwei/drei Klassen zusammenkamen. Und wer…die Anderen, die nicht gut waren in den Leistungen, die konnten ja gar kein Abitur. Doch, den Weg gab’s auch, aber über die Berufsausbildung. Da konnte man noch ein Abitur machen. Und diese Kinder hier, von den Gläubigen da, die wollten, aber waren auch klug, und hätten es auch verdient. Aber da hieß es dann, weil sie keine Jugendweihe haben durften. Die hatten nur diese kirchliche, die Kommunion oder Konfirmation, gehabt. Da hieß es: „Ihr könnt ja auch noch studieren, eben den anderen Weg wählen, aber nicht den bequemsten. Und zwar deshalb, weil wenn Ihr studiert, dann sollt Ihr den Staat auch vertreten. Und wenn Ihr schon nicht das Bekenntnis zum Staat mit 14 Jahren abgeben könnt, wie wollt Ihr dann den Staat vertreten?“ Wobei das alles Blödsinn ist. Mit 14 Jahren, wenn man da sagt „Ich will dem Staat treu dienen“, ob man das dann einhält, das weiß man auch nicht. Das ist übertrieben gewesen, muss ich sagen. Und die, als Schultreffen mal war, da ist die eine von denen auch noch gekommen, die ist auch nicht nach dem Westen gegangen. Die haben nachher studiert, die haben wirklich den anderen Weg gesucht. Sind dann aber nach wie vor ganz nette Schüler gewesen. Aber das war vielleicht der Kirche gegenüber eine Ungerechtigkeit, nicht. Wo die sagten, die mussten ihre Nischen suchen und sich treffen und weil sie dort nicht hingehen wollten, zu den Pionieren. Ja, und zu meiner Zeit, na das ist nun…ich hab mich ja dann erst, mehr oder weniger, durch meinen Mann entschieden. Weil der so mehr diese…auch durch seine Polizei, diese Einstellung hatte. Und wir haben viel diskutiert drüber, ja. War vielleicht für meine Eltern ‘n Schlag…den hat’s wehgetan, die haben es aber nicht gesagt. Die haben gesagt: „Mädel, Mädel“, hat mein Vater bloß gesagt. Das hat sicher auch wehgetan, wenn das ‘ne andere Sache ist. Und wie wir heute, mit meiner Schwester, dann oft sagen „In vielen Dingen hat er recht gehabt“, aber…
E. R.: Zum Beispiel welche Dinge?
R. N.: Na, mit dem „Geld regiert die Welt“. Da geben wir ihm vollkommen Recht.
E. R.: Und die Religion dann.
R. N.: Bitte?
E. R.: Und die Religion war schon die zweite Sache.
R. N.: Ja, na ja, ob er da hundertprozentig recht hatte, ich weiß es nicht. Das er… er ist ja auch nicht so einer gewesen, es gibt ja Menschen, die dann am liebsten jeden Tag in die Kirche gehen, oder jede Woche. So waren meine Eltern auch nicht. Die waren aber gläubig. Und mein Vater hat immer gesagt „Wenn die Leute nicht mehr an Gott glauben, dann wird dem Verbrechen Tor und Tür geöffnet.“ Und im Grunde genommen, wenn ich so denke, ist es ja eigentlich auch nur ein Angstmachen vor dem… „Du kommst in die Hölle. Wenn Du Böses tust, kommst Du dann in die Hölle“, das hat man so gelernt. Und wenn Du nicht mehr an Gott glaubst, dann glaubst Du auch nicht mehr an die Hölle. Ich weiß es nicht, was ich sagen soll. Also ich muss ehrlich sagen, ich bin von dem Glauben nicht mehr so hundertprozentig überzeugt. Und hab‘ ja jetzt viele Bücher gelesen. Jetzt sogar… „Die einzige…“, na von der Päpstin. Ist zwar nicht bewiesen, ob sie jetzt nun wirklich Päpstin war, da aus dem 3. oder 4. Jahrhundert, aber was gab es für Ungerechtigkeiten, was hat die Kirche angerichtet. Wenn man die Kriege liest, es ist auch nicht das Höchste, nicht. [STÖRUNG DURCH ZWISCHENRUFE VON DRAUßEN]. Wär schon schön, wie es drin steht in den Geboten. Und wenn er gesagt hat „Kommunismus…“, die Pioniergebote waren genauso. Bloß, ob der Mensch danach handelt… Ich finde es schon schön, wenn man so Vorschriften hat. Ich denke immer, das Wichtigste ist, wie der Grund in der Familie gelegt wird, nicht allein durch den Glauben, durch das Vorbild, durch die Güte, durch, dass man mit Liebe groß wächst. Und dass man so das den Kindern zeigt. Dass sie sich geborgen fühlen. Das ist mitentscheidend. Manche haben ja kein gutes Elternhaus. Und da können wir nur sagen, da können wir froh sein, dass es so war. [STÖRUNG DES INTERVIEWS DURCH EINDRIGEN EINES DRITTEN IN DEN RAUM […]] So war das gesamte Leben da. Haben Sie noch eine Frage? [ZU E. R.]
Bomben über Berlin und das Kriegsende [02.03.05-02.07.16]
E. R.: Ja, Sie hatten vorhin noch als es um Berlin ging, als Sie dann kurz in Berlin waren, nachdem Sie eben geflohen sind, da hatten Sie von der Bombardierung und von den Christbäumen erzählt. Das habe ich nicht so ganz verstanden.
R. N.: Na, das kennen Sie nicht. Da sind Sie zu jung für. Vielleicht ihre Eltern oder Großeltern. Wissen Sie, bevor die Engländer eine Stadt bombardiert haben, da wurde ein Gebiet abgesteckt und da wurde was abgeschossen aus den Flugzeugen, das sah aus wie ein Christbaum. Also immer so rundherum [ZEICHNET IN DER LUFT] wie ein Quadrat. Und da wussten die Leute schon, also da fallen jetzt demnächst die Bomben. Und das kam dann kurz hinterher vielen dann die Bomben. Das war in Hamburg so. Und in Berlin als wir auf der Flucht waren, wir waren nun südlich von Berlin, so Richtung Potsdam da, und zum Abend sah man die, auch diese Bäume. Christbäume sind es ja nicht, aber es sah eben so aus, hatte die Form, nicht. Ja, das war auch nicht in Ordnung.
E. R.: Hat Sie das denn auch getroffen?
R. N.: Nein, wir…dann würden wir ja nicht mehr Leben. Aber die Stadt Potsdam, die war ja genauso, die war ja völlig zerstört damals. Wir haben da noch Glück gehabt. Wir haben es dann noch krachen hören, aber selbst… Und das sag ich auch, so weit konnten…, 120 Kilometer von Berlin haben wir gewohnt, so weit ist es ja nicht 100 Kilometer Luftlinie, gar nicht weg. Aber wie viele da kamen, nach den Bombennächten und dann auch bei uns unterkamen, Leute in unserem Ort, die ausgebombt waren in Berlin. Also so was haben wir nicht erlebt. Auch Landsberg selbst, die Stadt war ja nicht so klein, da sind kaum Bomben gefallen. Das ist erst alles 45, als die Russen kamen, da begann für uns erst dieses Elend. Und als wir dann auf der Straße waren und weg mussten, nicht. Der Krieg selbst, da haben wir wenig gespürt auf dem Lande, nicht. Ach und, es ist genau, wenn man es von Dresden gehört hat, nicht, wenn die Frauenkirche aufgebaut wurde. Das hätte nicht mehr ein Viertel Jahr vor Kriegsende alles da zerstört werden müssen. Bloß, was ist Krieg? Im Krieg fragt keiner nach Gerechtigkeit, nicht.
E. R.: Wie haben Sie denn vom Kriegsende erfahren?
R. N.: Ja, da waren wir in Lanz bei Lenzen. Der 8. Mai, na, große Freude.
E. R.: Wissen Sie das noch?
R. N.: Ja, da kann… Da war dieses Treffen. Russen. Und da kamen die rüber, die Engländer über die Elbe. Und sind da mit der Kutsche durchs Dorf gefahren. Es wurde gesagt „Jetzt ist der…also jetzt ist der…“, kurz vorher war ja Hitler tot, kam dann so, nebenbei hat man dann immer erfahren. Und dann hieß es aber wieder „Da haben sie jetzt wieder einen Soldaten erhängt, weil der fahnenflüchtig wurde“. Noch bis zu den letzten Tagen haben Soldaten noch Angst gehabt, dass ihnen war passiert. Ja, und dann kam das durchs Radio.
E. R.: Radio?
R. N.: Radio hatten wir ja da. Hatten wir selber nicht, aber die Leute bei denen wir wohnten, nicht. Das wurde dann schon angesagt. Na, da waren wir erst mal froh: Jetzt fällt keine Bombe mehr. Die größte Freude, die es überhaupt gab. Die Ängste hatte man immer. Und besonders meine Schwester, die hat schon so immer gezittert als Kind, wenn so Flugzeuge ankamen. Einmal kam so ein Vogel tief geflogen. Das sind die Nerven, die Ängste sind ja da. Das ist ganz schlimm. Und wie man…das man heute so drüber sprechen kann, das ist, das bringt auch nur die Zeit mit sich. Die erste Zeit, da ging das nicht. Da braucht man schon Zeit, um das zu verarbeiten. Und ganz verarbeiten kann man das nie. Das merke ich immer wieder, wenn man an Stellen kommt, da kommen immer die Tränen.
1Hier meint die Interviewte, ihren Gefühlsausbruch, der sich im Weinen äußerte, im inmittelbar vor diesem Interview stattgefundem Gruppeninterview mit anderen Heimatvertriebenen.
2Die zu DDR-Zeiten, 1964, gegründete mathematisch-naturwissenschaftlich-technische Spezialschule in Frankfurt Oder ist das heutige Karl-Friedrich-Gauß Gymansium, das sich nach wie vor der Förderung von Nachwuchstalenten in den Bereichen Naturwissenschaft, Mathematik und Technik widmet. Siehe http://www.gauss-gymnasium.de/drupal/index.php [Stand: 11.10.2011].
3Der Solidaritätszuschlag ist eine Bundessteuer, die 1991, nach der Wiedervereinigung beider deutscher Staaten, eingeführt wurde, um die Verhältnisse in Ost und West anander anzugleichen. Siehe http://www.wiwo.de/politik-weltwirtschaft/lasten-durch-solidaritaetsbeitrag-ungleich-verteilt-398449/ [Stand: 11.10.2011].
4Distel Literaturverlag, Heilbronn. Siehe http://www.distelverlag.de/ [Stand: 11.10.2011].
© Všechna práva vycházejí z práv projektu: Poles, Germans and Ukrainians and their memories on forced migration
Witness story in project Poles, Germans and Ukrainians and their memories on forced migration (Lenka Kopřivová)