Das Wichtigste ist Empathie gegenüber anderen Menschen.
Heidi Bohley wurde 1950 in Görlitz geboren. Ihre Eltern waren drei Jahre zuvor mit einem Vertriebenentransport aus einem lediglich 50 Kilometer entfernten, niederschlesischen Ort nach Görlitz gekommen. In ihrer Kindheit fühlte sie stets den Schmerz der Eltern über die unerreichbare Heimat und so wurde auch für sie Görlitz nicht zur Heimatstadt. Ihre früheste Kindheitserinnerung hat sie an den 17. Juni 1953 als ihr Vater im Zuge des Aufstandes verhaftet wurde, nach einigen Tagen jedoch wieder frei kam. Die Familie bemühte sich, sich nicht zu sehr in die Strukturen der DDR einzupassen, so war auch Bohley selbst nicht Mitglied der Pioniere. Das Abitur konnte sie somit nur durch Fürsprache eines Lehrers ablegen. 1969 begann sie in Halle an der Hochschule für Hochschule für industrielle Formgestaltung Burg Giebichenstein zu studieren. Dort herrschte eine freiere Atmosphäre als in Görlitz, Bohley begann sich mit Studienkollegen zu Diskussionen und Gedankenaustausch zu treffen. Ein wichtiges Thema zu dieser Zeit war die Niederschlagung des Prager Frühlings im Jahr zuvor, deren Brutalität auch viele der Studierenden schockiert hatte, und die daraus entstehende Frage nach der Zukunft des Sozialismus. Die regelmäßigen Treffen fanden in so genannten Abrisshäusern statt, in denen damals viele Studierende in Halle günstig lebten. Bohley und ihren Kommilitonen ging es dabei stets darum, konkrete Probleme zu benennen und nicht bloß zu jammern, auch schon um sich nicht dem Vorwurf auszusetzen, gegen den Sozialismus zu sein. Diese Zeit endete plötzlich im September 1973, als ein Freund verhaftet und zu fünf Jahren Haft verurteilt wurde. Zwei Jahre zuvor, 1971, hatte Bohley ihren ersten Mann, den Tschechen Ladislav Vyroubal kennen gelernt. Im Januar 1973 wurde die gemeinsame Tochter Marie geboren, im Mai desselben Jahres verstarb ihr Mann an einem Asthmaanfall. Bohley hat seitdem immer noch eine starke Verbindung zur Tschechoslowakei und auch noch Kontakt mit ihren tschechischen Schwiegereltern. Die siebziger Jahre waren dann eine eher unpolitische Zeit, in der sich der Freundeskreis auch wegen Verhaftungen und Ausreisen verkleinerte. 1982 begann dann Bohleys politische Phase: Die DDR hatte ein neues Wehrdienstgesetz erlassen, auf deren Grundlage auch Frauen zur Musterung eingezogen werden sollten. Aufgefordert von ihrer Schwägerin Bärbel Bohley (die Schwester ihres zweiten Mannes) schrieb auch Heidi Bohley als Protest eine Eingabe. Diese wurde jedoch nicht beantwortet und die Frauen formulierten sodann einen gemeinsamen Protest und sammelten 150 Unterschriften. Aus diesem Engagement entstand die DDR-weite Frauengruppe „Frauen für den Frieden”. Eine öffentliche Plattform für die Arbeit stellte die evangelische Kirche dar. Die Gruppe hatte zudem Kontakt zur westdeutschen Friedensbewegung, die auf der einen Seite Vorbild war, von der sie auf der anderen Seite auch Ablehnung erfuhren. Bohley empfindet ihr damaliges Engagement selbst nicht als etwas Besonderes, sondern sagt, da sie es tun musste, da es niemand anderes tat. Die Frauenbewegung stellte für sie in den achtziger Jahren einen großen Rückhalt dar. Wichtig war auch die Inspiration durch Václav Havel, den sie 1985 in Prag treffen konnte. Infolge wurde ihr die Einreise in die Tschechoslowakei bis 1990 verboten. Nach 1989 war Bohley 10 Jahre lang für das Neue Forum Mitglied im Stadtrat in Halle. 1995 gründete sie den Verein „Zeit-Geschichte(n). Verein für erlebte Geschichte”, der Geschichte aus der Perspektive der Menschen erzählen möchte und zahlreiche Publikationen herausgibt. Heute lebt Bohley in Dresden und arbeitet für den Verein „Zeit-Geschichte(n)”.