Marie Podařilová

* 1936

  • „Mir gefiel es nicht, dass sie kamen und sagten du musst. Sie kamen auch zu mir. Du musst. Und als ich zum Komitee ging. Die Bedingung ist… Ich sagte: „na dann geh ich dort nicht hin.“. Danach hörten sie auf mir zu sagen, dass ich müsste. Und so habe ich die Arbeit angenommen. Ich war schon in Hradec eingeschrieben, somit ging ich dort hin. Es kam der Bürgermeister Kocar und sagte: „du musst eintreten, dass ist die Anordnung.“ Ich sagte: „Meinst du das ernst? Ich pack meine Sachen und geh nach Hause.“ „Nein, du unterschreibst das, du musst ja nicht für immer hier sein.“ „so unterschrieb ich den Eintritt in die Tschechoslowakische Kommunistische Partei. Ein Jahr verging. Ich habe ihnen die Legitimation zurückgegeben. Das durfte ich angeblich nicht. Ich habe gesagt, dass ich gesagt hätte, dass ich nicht länger als ein Jahr in der Partei sein werde. Ich sagte, ich will nicht mehr. Auch wenn ich nicht sagen würde das es mir schlecht ging unter den Kommunisten. Das würde ich nicht sagen, man musste damals Arbeiten, wer nicht arbeitete wurde eingesperrt, man war ein Parasit. Aber dieses Müssen, dass störte mich immer. Sie hatten alles so gezwungen, nichts war freiwillig. Ich, wenn ich etwas machen möchte, dann mache ich es freiwillig, nicht unter Zwang. Das ich muss, ich muss Garnichts. Garnichts. So ist es.

  • „Ich war 19 oder 20 als die PS zu uns kamen, der Führer der PS, und uns fragten ob wir Helfer der Grenzhüter sein möchten. Wir waren fünf oder sechs aus Hůrka, die sich anmeldeten. So gingen wir nachts die Grenze bewachen, wenn dort jemand Fremdes war, konnten wir da wir die Berechtigung dazu hatten, diese legitimieren. Es gelang uns nie in der Nacht jemanden festzunehmen, nachts war eine Bewegung.“ „Haben sie direkt an der Grenze gewacht, oder irgendwo im Wald?“ „In der Umgebung des Dorfes, es gab dort eine Wartehalle hinter welcher wir uns versteckten, damit wir nicht zu sehen waren. Dort haben wir gewacht. Dort gingen wir lang, da waren auch keine Häuser mehr. Es war überall Matsch, also kam dort auch keiner hin. Das war eine Wache und die zweite war auf der anderen Seite. So haben wir ihnen also geholfen.“ „Wurden Sie dafür bezahlt?“ „Nein, wir machten es umsonst. Für uns war die Unterhaltung.“ „Und was dachten sie über die Menschen welche sie bewachen sollten? Was haben sie über diese Menschen erzählt, warum sie sie bewachen sollten?“ „Sie sagten uns, wir sollten sie festnehmen und gegebenenfalls nach Nová Bystřice anrufen, nur wenn es zufällig dazu kommt, dann sollten wir anrufen. Wir sollten keine Angst haben. Das man allein gewacht hat, ist nie geschehen, man war immer zu zweit.“ „Haben sie darüber nachgedacht in welcher Situation die Menschen waren welche versuchten zu fliehen? Warum sie flohen? Was das für Menschen waren?“ „Sie sagten uns es wären Großteils Schmuggler. Ein Schmuggler war für uns jemand der Sachen über die Grenze trug. So haben wir vor allem gewacht, dass sie nicht nach Bystřice kamen. Dort konnten sie grade durch die Wälder über den Fluss Osika kommen. Dort war zum Glück alles offener. Wir hatten somit kein Glück.“

  • „Was hat sie als Kind bewegt, als sie ankamen, als sie aus dem Gefährt ausstiegen? Woran erinnern sie sich als Kind?“ „Es war anders, so verstreut, weil wir dort gewöhnt waren. Jetzt kamen wir dort an, furchtbare Unordnung, Mutter weinte. Wir sagten „Mutter wir bleiben hier“ Vor dem Haus war ein Teich, ein großer Garten war dort, viel Vieh, Schweine waren dort, Gänse waren dort und Gänslein. Kurzhin es war schön dort. Ich als Kind habe es so wahrgenommen, ich war acht Jahre als mein Bruder zehn.“. „waren dort noch Sachen von den vorherigen Bewohnern?“ „Betten waren dort, welche wir entsorgten, die Decken aufgeschlitzt, die mussten wir also auch wegwerfen. Es war ein Haufen an Sachen dort, eher unnützliche. Was aber interessant war, dass im Backofen noch ein Blech mit einer gebackenen Gans drinnen war. Die gebackene Gans war im Ofen. Noch von den Deutschen.“

  • Full recordings
  • 1

    Slavonice, 03.08.2020

    (audio)
    duration: 02:22:20
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Das musst du machen, das störte mich am meisten

Marie Podařilová (Anfang der 1980er Jahre)
Marie Podařilová (Anfang der 1980er Jahre)
photo: Der Zeuge

Marie Podařilová ist am 15 Juni 1936 in Havlíčkův Brod (früher Deutsch) geboren. Im Mai 1945 kam sie mit ihren Eltern nach Dobrá Voda, Jindřichohradecko wo sie ein Bauernhaus von vertriebenen Deutschen bewohnten. Im Jahr 1953 absolvierte sie in České Budějovice die Maler- und Stuckateurschule. Weitere vier Jahre arbeitete sie im Institut für Militärprojekte in Karlsbad. Im Jahr 1956 kehrte sie nach Dobrá Voda ins Haus zu ihren Eltern zurück. Danach, als ihr Vater den Eintritt in die Landwirtschaftliche Genossenschaft ablehnte, mussten sie aus dem Haus ausziehen und zogen in das nahegelegene Hůrka. In den Jahren 1956-1958 war die Zeugin Helferin der Grenzsicherheit. Sie arbeitete als Näherin, als Arbeiterin im Wald und im Kuhstall. Nachdem sie in Rente ging im Jahr 1991, half sie in einer Pension mit einem Restaurant, aus. Im Jahr 2020 lebte Marie Podařilová im Pflegeheim in Nová Bystřice.