The following text is not a historical study. It is a retelling of the witness’s life story based on the memories recorded in the interview. The story was processed by external collaborators of the Memory of Nations. In some cases, the short biography draws on documents made available by the Security Forces Archives, State District Archives, National Archives, or other institutions. These are used merely to complement the witness’s testimony. The referenced pages of such files are saved in the Documents section.
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Krieg ist immer schlecht, beiden zeitig.
wurde am 27. 9. 1935 im Krankenhaus in Troppau (Opava) geboren
sein Vater war Lehrer, darum ist die Familie oft umgezogen – Zossen (Sosnová), Ludwigsthal (Ludvíkov) und am Ende des Krieges war die Familie in Wildgrub (Václavov u Bruntálu)
hatte 3 jüngere Brüder
hat das Verstecken der elend ausschauenden russischen Gefangenen, die durch den Ort zogen, in Heu in der Scheunen erlebt (Winter 1944)
am 5. Mai 1945 haben seinen Vater die durchziehenden russischen Soldaten erschossen
seine Mutter mit den Kindern und dem Pflichtjahr Mädchen haben sich um die Beerdigung alleine gekümmert
er hat gehört, wie die Russen ein Mädchen vergewaltigt haben
September 1946 – wurde die Familie auf den Bahnhof in Freudenthal (Bruntál) gebracht und sie sind mit einem Transport nach Neumarkt in der Oberpfalz gefahren
zuerst Maschinenbauer gelernt – später im Jahr 1968 wegen Gesundheitsproblemen Bankkaufmann geworden
1959 - Heirat mit Theresia
1960 – Sohn geboren
1976 - erste Reise in die alte Heimat
Werner Zimmermann wurde am 27. September 1935 im Krankenhaus in Troppau (Opava) geboren. Sein Vater war Lehrer, darum musste die Familie oft umziehen, weil er mehrmals versetz wurde. Zuerst lebten sie in Zossen (Sosnová), einem Dorf in Vorgebirge des Altvatergebirges, das zwischen Freudenthal (Bruntál), Jägerdorf (Krnov) und Troppau liegt. Aus dieser Gemeinde stammt die Mutter von Werner, dessen Vater auch Lehrer war. Später wurde der Vater nach Ludwigsthal (Ludvíkov) versetzt, das neben dem bekannten Kurort Karlbrunn gelegen ist. Seine letzte Wirkungsstätte war die Gemeinde Wildgrub (Václavov u Bruntálu), in die die Familie im Jahr 1944 kam. Werners Vater stammte aus einer Kaufmann Familie aus Einsiedel (Mnichov), die dort auch ein Lagerhaus hatte.
Nach Werner kamen noch seine drei Brüder zur Welt - im Jahre 1936, 1938 und 1941.
Verbindung mit dem Ort
Die Familie Zimmermann hatte wegen dem Umziehen nicht so große Verbindung mit dem landwirtschaftlichen Ort. Im Gegensatz mit den Bauern, die jedes Jahr ihr Feld ackerten und Getreide einsäten. Dass der Vater oftmals Versetz wurde, erklärte Werners Mutter mit dieser Geschichte: „Einschneiend war mein Vater kein begeisterter Lehrer, weil der Schulrat, hat meine Mutter erzählt, der hat zu ihrem Vater, der Oberlehrer in Zossen war, gesagt: Jetzt schick ich dir den, das ist die letzte ... wenn du den nicht hinbringst, dann können wir den vergessen als Lehrer.“
Russische Kriegsgefangene
Am Ende des Krieges im Winter 1944, der sehr kalt war, zogen durch den Ort russische Kriegsgefangene, die in Scheunen unterbracht wurden und die elend ausgeschaut haben. Die Bauern haben ihnen Kartoffeln und Brei aus Getreide gegeben. Manche Gefangene versuchten sich zu verstecken, damit sie nicht weiter gehen mussten, aber die Bauern sollten die Scheunen untersuchen. Einmal hat Werner mit seinem Freund auch gesucht und einen Gefangenen im Heu gefunden, der dann von einem anderen Russen ausgeschimpft wurde.
Das mach ich nicht
Werners Vater war in der nationalsozialistischen Partei, weil es sonst nicht Lehrer sein könnte, aber zum Volksturm wollte er nicht hin. Eine Pistole haben und auf Menschen schießen, das wollte er nicht. „Das mach ich nicht.“ Sollte er gesagt haben. Er hatte vielleicht besser Konnexionen als Lehrer, darum ist ihm das ohne weiteres durchgekommen. Werner erinnert sich aber, dass seine Mutter Angst hatte, dass er eingesperrt wird, weil er im Gasthaus oft gegen das Nazi-Regime geschimpft hat.
In der Schule hatte er bis Ende April 1945 noch unterrichtet, was nicht so üblich war. In der Früh war die 5.-8. Klasse dran, nachmittags die Kleineren.
Beim Einmarsch der russischen Soldaten, am 5. Mai 1945, ist Werners Vater umgekommen. „Er ist erst noch in eine Scheune rein, da sind wieder Russen hereinkommen. Die haben dann was gesucht. Er hat gemeint die suchen ihn.“ Er wollte weglaufen und wurde erschossen. Seine Flucht hatte keinen logischen Grund, es musste eine unterbewusste Reaktion auf die Angst sein, die er vor den Soldaten hatte.
Werner hat es nicht gesehen. Seine Mutter hat ihre Kinder lieber ins Nachtbarhaus gebracht, als die Russen kamen. Dort haben sie es erfahren, dass der Vater am Weg liegt. „Die haben gesagt, den Mann hätten wir nichts getan. Die haben gesehen – der war nicht bei der Wehrmacht, weder sonst noch ein Funktionär, war bei der tschechischen Arme, also als Junge, hatte er einen Wehrpass drin gehabt. Wir haben keine Repressalien mehr gehabt. Ja, da ist meine Mutter mit vier Kinder dagestanden.“
Gemeinsames Grab
Es war auch nicht leicht den Körper zu Beerdigen. „Kein Mensch hat sich gekümmert. War ja niemand mehr da, kein Pfarrer. Niemand hat sich was machen trauen.“ Zuerst saßen sie mit der Mutter nur da und später hat sich ein Mann bereit erklärt das Grab zu graben. Das Pflichtjahrmädchen hat einen Leiterwagen gebracht. Die Leiche des Vaters war im Teppich eingewickelt und Mutter mit den Kindern führte in zum Friedhof, wo er neben zwei oder drei anderen Männern, die auch bei dem Durchmarsch der Russen umgekommen sind, in einem gemeinsamen Grab begraben wurde.
Die Hauptstraße die durch Wildgrub durchgeht geht aus Freudenthal nach Römerstadt (Rýmařov) und Mährisch Schönberg (Šumperk). Auf dieser Hauptstraße war eine Panzersperre aufgestellt und die Russen gingen darum über das Dorf. Wenn die offen wäre, würden vielleicht Werners Lebensgeschichte ganz anders verlaufen.
Die Russen waren wie die Viecher
„Der Einmarsch der Russen... für die Frauen, das ist schlimm gewesen, weil die Russen waren ja wie die Viecher... da ist schon viel passiert.“ Werner hat auch miterlebt, dass ein 14 jähriges Nachtbars Mädchen sich in der Schule, wo sie wohnten, versteckt hatte. In der Nacht kamen Russen und haben sie vergewaltigt. „Einschneiend ist es verraten worden... jeder hat geschaut, dass er überlebt.“
Auch das Pflichtjahr-Mädchen, das damals 18 Jahre hatte und bei der Familie zum Dienst war, hat diese Grausamkeiten miterlebt. Sie war schon wie ein Mitglied der Familie. Sie musste nach der Schule ein Pflichtjahr bei Familien mit mehreren Kindern abarbeiten, das haben die Nationalsozialisten eingeführt.
In Freudenthal haben die Russen ein Schnapslager ausgeplündert. Im Mai 1945 sind die Truppen durchgezogen, aber später beim Rückmarsch war es wild und die haben auch immer gesehen, dass sie was im Dorf erwischen.
Die Zeit vor der Vertreibung
Es war eine schwierige Zeit. Die Miliz ist gekommen und hat viele Sachen beschlagnahmt – Radiogeräte, Schmuck. Der Großvater (Vater von der Mutter) hat für die Raiffeisenbank gearbeitet und wurde von dem tschechischen Kommissar, der nach Zossen kam, beschuldigt, dass es Geld unterschlagen hat. Wahrscheinlich hatte der Kommissar in dem seine Finger drin. Darum musste er mit seiner Familie zur Zwangsarbeit nach Böhmen – bei Prag. Die Mutter hat es erst später herausbekommen, dass sie weg sind, weil sie zum Besuch der Großeltern einen Passierschein brauchten, denn man nicht gleich bekommen konnte. Die Großeltern kamen im Jahr 1946 in ein Dorf bei Wittenberg in der DDR.
Die Kommissare im Wildgrub waren verständnisvoll und in dem Dorf mussten die Deutschen das Band mit dem N nicht immer tragen.
Die N aus dem Zug geworfen
Im September 1946 ist die Familie auf ein Pferdefuhrwerk gesetzt worden. Jeder konnte ein Gepäck bis 50 kg mitnehmen und sie wurden auf den Bahnhof in Freudenthal ins Sammellager gebracht, wo sie dann drei Tage auf den Transport nach Deutschland gewartet haben.
Im Wagon waren ungefähr 40 Menschen und die Kinder setzten sich auf den Haufen der aus dem Gepäck entstand. „Kurz vor der Grenze da haben sie die weißen N aus dem Zug geschmissen... das haben sie alle gemacht.“
Als sie ankamen wurden sie von den US-Soldaten entlaust mit DDT-Pulver. Sie kamen nach Neumarkt in der Oberpfalz und die Stadt war ein Schutthaufen. Etwa 90 % der Altstadt war ausbombardiert. „Als wir den Wagon abgekoppelt haben, dann standen wir dort in Neumarkt auf dem Güterbahnhof, da war alles kaputt. Da war kurz vorher noch ein Fliegerangriff.“ Die ungarische SS war in der Stadt stationiert, darum kam es zu so einer Verwüstung.
Zuerst kamen sie in ein Flüchtlingslager, wo sie bis November 1946 waren. Dann wurden sie in die nahegelegenen Dörfer verteilt. Frau Zimmermann mit ihren Söhnen kam in eine Wohnung im Dorf Haslach.
Wieder in der Schule
In dem Dorf fing Werner wieder an in die Schule zu gehen. Er ist vom Mai 1945 bis November 1946 nicht gegangen. Es hat ihn überrascht, dass die Mitschüler in Haslach nicht fliesend Lesen konnten. Das Bildungswesen war in der Zeit in Bayern nicht optimal. Die Lehrerin war auch überbelastet, sie kümmerte sich um die Kirchenmusik und hat die Lebensmittelmarken den Haslachern verteilt.
Auch wenn er schon in der alten Heimat ins Gymnasium angemeldet war. In Deutschland waren seine Chance auf eine bessere Schule bestrenkt. Die Familie hatte niemanden gekannt und wenn der Vater am Leben wäre, hätte er mehr Möglichkeiten, weil er sicher im Schulwessen arbeiten würde.
Als Werner 18 Jahre alt war fing er an Maschinenbauer zu lernen. Er hat beim Trafo bau geschweißt und es kamen Gesundheitsprobleme. Schon als 32 Jährige hatte er Kreislaufprobleme, darum fing er im Jahr 1968 an in der Sparkasse zu arbeiten und über die Verwaltung-Schule konnte er Bankkaufmann nachmachen. Zwei Jahre hat er einen Kurz neben der Arbeit gemacht, denn er dann mit erfolgreichen Prüfungen beschlossen hat. Dort arbeitete er bis in die Rente im Jahr 1998.
Das neue Leben
Das neue Leben war für die vier Jungen nicht so schwierig, sie haben sich schnell angepasst, aber für die Mutter war es schlimmer. „Diese Erlebnisse sind richtig eingeprägt und wenn man älter wird, dann kommen sie wieder. Das ist für meine Mutter nicht leicht gewesen.“ Sie bekam als Witwe von einem Lehrer Pension, darum musste sie in der neuen Heimat nicht arbeiten gehen.
Im Jahr 1959 heiratete Werner Theresia. Ein Jahr später kam ihr Sohn zur Welt. In der Heimat war er das erste Mal im Jahr 1976. Die Häuser waren zerfallen, die Behörden waren unangenehm. Heute ist es schon anders und aus den landwirtschaftlichen Dörfern im Gebirge entstand ein Rekreationsgebiet.
Werner suchte das Grab von seinem Vater. Die genaue Stelle kennt er nicht. Die Mutter hat gesagt, dass es da und da sein soll, aber eine Frau aus Wildgrub habe einen anderen Platz gezeigt.
Heute hat er Sorgen über die neuen Nationalisten, die zwar in der Minderheit sind, aber wieder zu hören sind. „Diese nationalen Schürer, die da Hass schüren, das sollt nicht sein, das brauchen wir nimmer. Da entstehen wieder Konflikte.“
© Všechna práva vycházejí z práv projektu: Memories for the Future
Witness story in project Memories for the Future (Anna Michálková Hadwiger)