„Wir durften aber nicht in unsere Wohnung hinein, sondern wir sind von den Russen gelenkt worden auf eine Straße, wo alle deutsche Frauen mit Kindern waren, und alte Männer. Die wehrfähigen Männer, die waren ja alle auf der Front, oder gefallen, oder in Gefangenschaft. Und das hatte nur einen Zweck. Jeden Abend, wenn es finster wurde, begann ein furchtbarer Krach und dann kamen Frontsoldaten auf offenen LKWs gefahren und sangen Marschlieder (Ich habe dann später ein Bisschen Trauma gehabt, als dann die sowjetischen Ensembles bei uns in der DDR auftraten, weil dort einige Lieder wiedervorkamen.) Ob sie sich dabei Mut ansingen mussten? Die Bordwand wurde gelöst, es klapperte und dann sprangen die mit ihren Stiefeln auf die Straße, es knallte. Und dann haben sie unsere Mütter und unsere Schwestern vergewaltigt.“
„Dann kam auch noch mal ein junger Russe, der sich zwischen unsere Mutter und unsere Schwester gestellt hat und dann… Unsere Mutter hat sich vor ihre Tochter gestellt. Unsere Schwester war noch nicht einmal Vierzehn. Sie war dürre zu dieser Zeit, hatte überhaupt nichts Frauliches an sich. Aber er hat… Das Ergebnis ist, dass unsere Schwester, die vor kurzem 90 Jahre geworden ist, für die existierte die männlichen Hälfte der Bevölkerung nicht mehr.“
„Da ging früh jemand mit dem Mikrofon und hat laut gebrüllt, alle Deutschen, die noch da sind, haben sich um zehn Uhr einzufinden am Bahnhof. Aber wir hatten uns schon lange vorbereitet, wir haben ja regelrecht darauf gewartet. Zum Beispiel hatte unsere Mutter eine Zinkbadewanne, untern waren zwei Achsen mit kleinen Rädern, die konnte man, zwar schwer, aber bewegen. Dort hatte sie ein Bisschen Geschirr drinnen und ein Paar Lebensmittel. Dann hatte sie auch, das war eine ganz gute Idee… Wir hatten in unserer Wohnung eine Toilette auf der halben Treppe, gemeinsam für zwei Hausparteien. Und im Winter, wenn es kalt war, hatte meine Mutter einen weißen Eimer, mit dem Deckel drauf. Dann konnten wir es in der Wohnung erledigen und in der Früh wurde der Eimer weggebracht. Und meine Mutter hat gesagt: 'Auf jeden Fall nehmen wir den Eimer mit auf die Flucht!' Und das war dann der Eimer vom ganzen Wagon! Weil der Zug ist immer verschlossen worden und irgendwann hat er dann immer gehalten und dann konnten wir rausgehen. Es gab keine Toilette und unser Eimer war sehr gefragt. Da lag bloß ein Bisschen Stroh und das, was wir mitnehmen konnten. Und wir haben drei Tage und drei Nächte dazwischen gebraucht, für die Strecke, die ich heute mit dem Auto in zwei Stunden fahren würde.“
„Vater hat dann bei der polnischen Feuerwehr gearbeitet eine Zeit lang. Und er kriegte folgende Aufgabe, wenn ich das mal hier gleich sagen darf: Er hatte die Aufgabe mit anderen zusammen mit einem Tafelwagen vor die Häuser zu fahren und die Wohnungen und die Keller nach Leichen abzusuchen. Und da waren die Leichen, von denen ich vorher schon gesprochen habe. Da waren ein paar Monate vergangen, als er in Sommer wiedergekommen ist. Und dann kam er nach Hause und sagte: 'Ihr könnt euch das überhaupt nicht vorstellen, wir haben keine Schutzanzüge, wir haben überhaupt nichts in der Richtung. Wir holen sie aus den Kellern hoch auf den Wagen und fahren auf den Friedhof sie zu beerdigen.“
„Die erste Schule, die ich besucht habe, war in Görlitz, die Melanchton-Schule. Vierte Klasse. Und da kam einmal ein Lehrer herein, der offenbar einen Auftrag hatte, und ragte uns erstmal, ob in der Klasse auch Flüchtlinge wären. Mindestens die Hälfte der Klasse ging hoch. Und dann wurde noch bloß gefragt, wo wir herkommen und das haben wir gesagt. Dann hat er uns erklärt, dass wir unheimlich glücklich sein können, dass wir in der Ostzone, bzw. nach 1949 DDR, in diesen Arbeiter- und Bauernstaat und nicht in den Anhänger von Amerikanern, also im Westen, angekommen sind. Und dass wir froh sein müssen, dass wir aufgenommen worden sind in der glücklichen DDR. Und dass das Land, (Schlesien), schon immer zu Polen gehört.“
Hans-Dieter Haim se narodil 7. března 1938 do německé rodiny ve slezském městě Bunzlau, dnes Boleslawiec. Po náletech v únoru 1945 rodina město opustila, několik dní strávila v ohrožení života na frontových liniích, poté v táborech a na statcích pod dohledem sovětských vojáků. Tam byl Hans-Dieter svědkem znásilnění své matky i své třináctileté sestry. Po návratu do Boleslawce bylo město v troskách a pod polskou správou, na podzim roku 1946 byli Haimovi vysídleni vlakem do sovětské okupační zóny Německa. Poválečné utrpení žen i vysídlení z Polska byla v NDR tabuizovaná témata, nesmělo se o nich mluvit. Hans-Dieter Haim dohnal zameškanou školní výuku z poválečných let, vystudoval a stal se profesorem na Technické univerzitě v Drážďanech. Rodné Slezsko navštívil poprvé v šedesátých letech minulého století, v posledních letech tam jezdí častěji a těší ho, jak se Polsko v Evropě rozvíjí.