Als Verwandte von Antonín Dvořák kehre ich nach Böhmen zum Orgelspielen zurück
Rosemarie Kraus, geborene Dvořák, wurde am 12. November 1941 in der Gemeinde Kulm bei Aussig an der Elbe (Chlumec u Ústí nad Labem) geboren. Sie kommt aus einer Musikerfamilie und der Bruder des gefeierten Komponisten Antonín war ihr Urgroßvater František Dvořák, der eine Deutsche heiratete, die nach seinem frühen Tod in ihre Geburtsgegend bei Aussig zurückkehrte. Ihr Großvater, Neffe des Komponisten, František sprach noch tschechisch und leitete das Orchester in Kulm. Ihr Onkel spielte die Orgel. In der Familie sprach man ansonsten deutsch mit Kulmer Dialekt. Ihr Vater Josef diente ab 1943 und kehrte aus dem Krieg nicht mehr zurück, fiel in amerikanische Gefangenschaft und siedelte sich in Bayern an. Die Familie von Frau Rosemarie wurde zunächst im Mai 1945 enteignet und anschließend im August 1947 in die damalige sowjetische Zone von Deutschland ausgewiesen, einschließlich eines achttägigen Aufenthaltes mit Hunger und Durst im Lager im Aussiger Schöbritz. Der Großvater, der die Vertreibung (im Gegensatz zur Enteignung) vermeiden konnte, blieb lieber mit der Familie zusammen. Die Kindheitserinnerungen an diese Ereignisse sind von Bildern an Spielzeug (Puppe, Engelchen) dominiert, die sie aus ihrer Heimat mitnahm, und dann die Spätfolgen in Form deformierter Füße, die wegen zu langem Tragen von zu kleinen Schuhen nicht ordentlich wachsen konnten. Nach mehrmonatigem Aufenthalt in der sowjetischen Zone erzielte ihre Mutter für sich und Rosemarie die Erlaubnis zur Ausreise zum Vater nach Westdeutschland. Die Großeltern konnten erst 1949 nachfolgen. Frau Rosemarie erlernte in Bayern das Orgelspielen bei den Ordensschwestern zum Heiligen Kreuz in Werneck mit Ursprung aus dem Kloster in Eger (Cheb). Nach dem Tod der Mutter setzte sie das Studium an der Hochschule nicht fort, sondern kümmerte sich bis zu seinem Tod 1965 um den Großvater und arbeitete als Steuerberaterin. In den Achtziger Jahren half sie mit in Deutschland die Petition zur Freilassung von Václav Havel aus dem Gefängnis zu verbreiten, initiiert durch die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte. Bis heute spielt sie in Kirchen, seit 1984 besucht und spielt sie auch in tschechischen Kirchen. Den Zustand der dortigen Orgeln bedauert sie. Jährlich nimmt sie an der Wallfahrt im Geburtsort Kulm teil und bemüht sich auch die Erneuerung der Orgel in nahen Mariaschein (Bohusudov) zu unterstützen.