Heinrich Böhm

* 1940

  • “Ja. Weihnachten. Wie der Vater gesagt hat, irgendwo hat er Äpfel aufgetrieben.´Es ist Krieg, das ist unser Weihnachtsgeschenk, mehr haben wir nicht.´ Aber ernst hat er gesagt: ´Wir sind alle am Leben.´ An diese Auszüge kann ich mich gut erinnern. Geschenk, nein, aber: ´Wir sind am Leben.` Und meine Mutter, nach dem Krieg in Altenberg war eine FLAK Station, wo wir doch schon rein konnten, und da haben die Flieger Staniolpakete abgevorfen, um das feindliche Radar zu täuschen. Und diese Staniolblöcke und Fäden und Plauten lagen noch auf den Wiesen, auf den Feldern und so weiter. Aus diesem Staniol hat sie etwas Schmuck gebastelt und dann hatten wir einen kleinen Baum gehabt, dort mit den Lametta, mit den Staniolfäden behangen, dies waren unsere ersten Weihnachten. Mit null, aber wie der Vater gesagt hat, wir waren am Leben, wir haben uns alle gehabt. Diese Aussage gibt mir heute noch zu denken. Recht hat er gehabt. So war die erste Zeit in Österreich."

  • “Dies ist so schnell gegangen. Ich habe schon erwähnt vorhin. Immer noch gab es die Diskussion: `Gehen wir früher?` Die Mutter: `Ja, wir sollen weg.` Der Vater: `Nein, ich bin Beamter!` Und so weiter… Also wann das genau war, weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass man da eines Tages mein Bruder, der ist drei Jahre jünger wie ich... Das war unser jüngste, wir sind vier Buben gewesen, der war der jüngste, der im Kinderwagen gesetzt war. Mir haben einen Rucksack umgehängt, die Mutter hatte einen riesigen Rucksack, der Vater hatte eher zwei Rucksäcke. Da war das Notwendigste drinnen, also man hat einmal die Papiere mitgenommen, Papiere, dann für meinen Bruder Willi das Notwendigste für die Windel und so weiter und dann sind wir so mit dem Kinderwagen Richtung Grenze gegangen. Wo wir die Grenze überschritten haben und so weiter, das weiß ich nicht mehr. Das ist völlig ausgeblendet. Ich kann mir erst dann wieder erinnern, als wir in Rainbach in Österreich bei einem Bauern im Heustadl übernachten durften und dort Milch für meinen kleinen Bruder von dem Bauer dort gekriegt haben. Ja, das, aber wo wir über die Grenze sind und, das ist ja Problem. Darüber wurde zu Hause nie gesprochen, bitte. Das war ein Tabuthema. Überhaupt das ganze da, da ist nix, da ist nix, da ist nix. Genau. Aber nur zu diesem Tag. Das muss man auf der Zunge zergehen lassen. Wir sind von Rainbach nach Freistadt hin. Bei Freistadt sind wir dann in einem Gasthaus in so kleinem Extrazimmer untergekommen, ja… Meine Mutter hat sich noch eingebildet, sie muss noch zurück bei der Nacht, denn sie hat, so Wahr es ist, den Christbaumschmuck vergessen. Also das muss man auf der Zunge zergehen lassen. Sie ist wirklich noch einmal zurück um den Christbaumschmuck, denn es war zwar schon Herbst und es kommt der Weihnachten. Christbaumschmuck. Sie wurde an der Grenze erwischt, sie ist zurückgekommen, zerschlagen, aber us welchem Grund auch immer, ist sie dann doch durchgekommen mit etwas vom Christbaumschmuck. Da ist Einiges, was zu Bruch gegangen ist bei diesem Abenteuer, aber ich meine die Leute sind ja so dumm. Warum geht man wegen Christbaumschmuck dieses Risiko ein, erwischt zu werden? Die Grenze war eigentlich schon bewacht.”

  • “Nach dem Krieg sind die Männer aus dem Dorf zusammengerufen wordne und man hat sie kontrolliert. Also man wollte wissen, wer war bei der Partei (NSDAP) und dies ist so gegangen. Das waren keine schönen Szenen, die ich da selbst gesehen habe und erlebt habe, wo eben die Männer am Pfarrhof die Hände hoch hatten und die Tschechen haben ihnen teilweise ihre brennenden Zigaretten hinten am Nacken ausgedämpft. Die haben gebrüllt, die Männer. Also das sind auch Sachen, an die ich mich gut erinnern kann und die mir als Kind so weh getan hatten. Ein Stück weit von uns hingesehen war ein älteres Paar, die wollten absolut nicht, die wollten nicht auf den Lastwagen darauf. Die wurden abgeholt. Es war so ein Holzvergaser noch, wie damals die Militärfahrzeuge noch waren. Ich sehe heute noch die Frau, ein Tscheche hat sie auf den Füßen gefangen und und: `Hinauf auf den Wagen!` Die Leute, die haben es nicht verstanden, die sind doch dort geboren, die sind achtzig Jahre geworden und sie wurden weg vertrieben! Was mit diesen Leuten gemacht worden ist, das weiß ich nicht, denn es war ja schon im 1945 im Frühjahr, also im Sommer war das.”

  • Full recordings
  • 1

    Wels, Rakousko, 19.11.2023

    (audio)
    duration: 01:21:56
    media recorded in project The Removed Memory
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Co se stalo, stalo se. Musíme si navzájem odpustit

Heinrich Böhm, Wels, 2023
Heinrich Böhm, Wels, 2023
photo: Natáčení

Heinrich Böhm se narodil 26. ledna 1940 v dnes zaniklé obci Rychnůvek (německy Deutsch Reichenau) v okrese Kaplice. Matka byla v domácnosti, starala se o děti a otec pracoval jako poštovní doručovatel. Böhmovi žili v podnájmu v Rychnůvku od roku 1928. Otec, původně z Rožmitálu (německy Rosenthal), tam pracoval jako pošťák. Druhou světovou válku prožila rodina bez většího strádání až do doby, kdy na jejím sklonku přes Rychnůvek prošly nejdříve americké jednotky a posléze sovětské. S těmi bylo více problémů, lidé se jich báli. Po konci války byla rodina Böhmova svědky tzv. “divokého odsunu” sousedů, sami zároveň poskytli útočiště dvěma ženám s dětmi, které utekly z Maďarska. Aby se vyhnuli nucenému vysídlení, rozhodli se nakonec sami na podzim 1945 odejít pěšky s pár věcmi a chlapečkem v kočárku do Rakouska, kde se usadili v Altenbergu u Lince. Rakouské státní občanství dostali Böhmovi až po šesti letech pobytu. Heinrich vystudoval střední obchodní školu a pracoval jako prodejce továrního vybavení. V šedesátých letech se Böhmovi rozhodli jet se podívat na místa, která v roce 1945 opustili. Byl to pro ně velký šok, protože svůj dům v Rychnůvku už nenašli. Celá rodina Böhmova udržuje se svou českou domovinou dodnes velmi aktivní a vřelé kontakty, podílí se na připomínce Rychnůvku, rozvoji Rožmitálu a okolí a přeje si, aby se dobré vztahy, vzájemné odpuštění mezi oběma zeměmi a také v celé Evropě rozvíjely.